Kirchliche Dialogbeauftragte: Muslime nicht generell verdächtigen

Nach Solingen und München: “Musliminnen und Muslime stehen in unserem Land derzeit unter einem extremen Druck”, sagt die kirchliche Expertin Mirjam Elsel. Was sie sich wünscht.

Nach den Angriffen in Solingen und München wachsen die Vorbehalte gegen Muslime
Nach den Angriffen in Solingen und München wachsen die Vorbehalte gegen MuslimeImago / Olaf Döring

Die kirchliche Expertin Mirjam Elsel warnt vor einer wachsenden Muslimfeindlichkeit in Deutschland. „Musliminnen und Muslime stehen in unserem Land derzeit unter einem extremen Druck“, sagte die Beauftragte für interreligiösen Dialog der bayerischen evangelischen Landeskirche dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach den Ereignissen von Solingen und München fühlten sie sich dem Generalverdacht einer von ihnen ausgehenden potenziellen islamistischen Gefahr ausgesetzt.

Die allermeisten von ihnen seien aber Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, denen die freiheitlich-demokratische Grundordnung am Herzen liege, sagte Elsel. Islamische Werte wie die Zuwendung zu allen Mitmenschen, die Anerkennung der Menschenrechte und das friedliche Zusammenleben gehörten für sie dazu. Man müsse daher unterscheiden zwischen dem Islam als einer der großen Weltreligionen und dem gewaltbereiten Islamismus, der zum Terror gegen andersdenkende Muslime und nichtmuslimische Gesellschaften aufrufe, mahnte die Expertin.

Expertin: Aktuelle Migrationsdebatte trägt nicht dazu bei, Anschläge zu verhindern

Am Donnerstag hatte ein 18 Jahre alter Österreicher mutmaßlich aus islamistischen Motiven heraus versucht, mit einem Gewehr bewaffnet das israelische Generalkonsulat in München anzugreifen. Er wurde bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet. Bei einem islamistischen Attentat auf einem Stadtfest in Solingen hatte im August ein Mann drei Menschen erstochen und acht verletzt. Mutmaßlicher Täter war ein 26-jähriger Syrer, er sitzt in Untersuchungshaft.

Elsel sagte, die aktuelle Migrationsdebatte trage nicht dazu bei, islamistische Anschläge zu verhindern. „Offene Gesellschaften sind verwundbar, und genau das nutzen islamistische Terroristen aus.“ Ihr Ziel sei es, die europäischen Gesellschaften zu destabilisieren, ihre demokratische Ordnung zu untergraben und das gesellschaftliche Leben durch Angst zu bestimmen. „Diese Terroristen gewinnen gerade dann, wenn wir auf solche Anschläge mit Restriktionen und Stigmatisierungen reagieren“, sagte sie. Wenn Muslime sich wertgeschätzt fühlten, dann schwinde auch der Nährboden für eine Radikalisierung.