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Expertin: Jugendliche kämpfen mit Selbstregulierung am Smartphone

Die eigene Mediennutzung zu verringern, fällt vielen Jugendlichen schwer. Das zeigt eine aktuelle Studie. Experten plädieren für mehr Verantwortung seitens der Online-Plattformen anstelle von Verboten.

Nach dem Aufstehen der erste Blick aufs Smartphone, vor dem Einschlafen stundenlang scrollen: Das ist die Lebensrealität vieler junger Menschen. Die aktuelle Studie “Jugend, Information, Medien” (JIM) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest, die am Freitag in Stuttgart vorgestellt wurde, befragte 1.200 Personen im Alter von 12 bis 19 Jahren nach ihren Erfahrungen mit Medien und dem Internet.

Demnach genießen es zwei von drei Jugendlichen, Zeit ohne Handy und Internet zu verbringen. Mehr als zwei Drittel gaben außerdem an, oft mehr Zeit am Handy zu verbringen als eigentlich geplant. “Das zeigt, wie schwer die Selbstregulierung im Umgang mit dem Gerät fällt”, sagte Yvonne Gerigk von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg.

Der Anteil der Jugendlichen, die angaben, die Zeit ohne Handy und Internet zu genießen, ist im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozentpunkte gestiegen, von 59 auf 67 Prozent. Allerdings sagte nur gut ein Drittel, das Handy regelmäßig auszuschalten. Ebenfalls rund ein Drittel hat der Befragung zufolge Angst, etwas zu verpassen.

Die Studie zeigt, dass nahezu alle Jugendlichen regelmäßig im Internet unterwegs sind. 89 Prozent nutzen das Netz täglich, im Durchschnitt haben die Befragten eine Bildschirmzeit von knapp vier Stunden. 95 Prozent besitzen ein eigenes Smartphone.

Social Media sei aus Sicht der Jugendlichen wie schon in den vergangenen Jahren nicht mehr bloß ein Angebot, sondern elementarer Bestandteil des Alltags, so die Forscher. Sie appellieren an die Betreiber der Plattformen, sich ernsthaft zu ihrer Verantwortung zu bekennen, ihre jugendliche Kundschaft altersgerecht zu behandeln, zu schützen und altersgerechte Angebote bereitzustellen. Das würde viele Probleme besser lösen, als Jugendliche aus der modernen Welt auszuschließen, so die Studie weiter. In der Praxis sei das auch kaum möglich. In vielen Ländern werden derzeit Gesetze erlassen, die Minderjährige von Netzangeboten ausschließen und Alterskontrollen vorschreiben.

Die mit Abstand wichtigste App ist der Messenger-Dienst WhatsApp, der von 96 Prozent mindestens mehrmals in der Woche genutzt wird. Auf dem zweiten Platz landete die Plattform Instagram (63 Prozent), gefolgt von Snapchat (56 Prozent), die als einzige Anwendung einen Anstieg verzeichnen konnte und erstmals seit 2020 wieder vor Tiktok liegt. Unterschiede gibt es zwischen den Geschlechtern: Während Instagram, Snapchat und Tiktok für Mädchen wichtiger sind als für Jungen, nutzen diese häufiger als Mädchen die Plattform Discord, die vor allem für Gaming-Inhalte bekannt ist.

Insgesamt zeigt sich, dass die Mediennutzung junger Menschen zunehmend digitaler wird. Nur noch 51 Prozent hören regelmäßig Radio, 50 Prozent schauen lineares Fernsehen. Bücher lesen 35 Prozent der Jugendlichen täglich oder mehrmals in der Woche. Dieser Wert ist in den vergangenen zehn Jahren mehr oder weniger konstant geblieben. Für Informationen über das aktuelle Weltgeschehen spielen Medien allerdings eine geringere Rolle als persönliche Kontakte in der Familie (67 Prozent) oder mit Freunden (55 Prozent) und als Nachrichten im Fernsehen oder Radio (50 Prozent). Nur 38 Prozent informieren sich über Suchmaschinen, gefolgt von Instagram, Tiktok und Youtube.