Experte: Kirche sollte sich zur Landwirtschaft bekennen

Eine mögliche Streichung von Subventionen hat das Fass zum Überlaufen gebracht: Die Landwirtschaft protestiert. Die Kirche ist jetzt besonders gefragt.

Laut Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) kann Kirche eine wichtige Rolle spielen bei den Protesten der Landwirtinnen und Landwirte
Laut Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) kann Kirche eine wichtige Rolle spielen bei den Protesten der Landwirtinnen und Landwirteepd-bild/ Meike Boeschemeyer

Jan Menkhaus, Referent für Landwirtschaft beim Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Nordkirche, zeigt sich wenig überrascht über die Aktionswoche, zu der der Deutsche Bauernverband zum Erhalt des Agrardiesels aufgerufen hatte. „Es gibt keine verlässliche Perspektive für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Im Gegenteil, die Anforderungen werden immer höher“, sagt er. Da sei der Agrardiesel nur eine weitere Sache, die obendrauf käme. Die Landwirte fühlten sich immer weniger wertgeschätzt.

„Was mir Sorgen macht, ist die verbale Aufrüstung“, sagt Menkhaus. Fronten stünden sich gegenüber. Wie soll da ein Dialog geführt, wie Kompromisse gesucht werden? Hier ist seiner Meinung nach die Kirche gefragt. Als Mahnerin, Mittlererin und Motor bezeichnet sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in einem Positionspapier. „Wir können uns an Dialogprozessen beteiligen. Wir können Mittlerin sein“, sagt auch Menkhaus.

Landwirtschaft und Kirche als Player auf dem Land

Denn die Landwirtschaft und die Kirchen, sie haben viel gemeinsam in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein. „Sie sind beide Player auf dem Land.“ Die Landwirtschaft stemme das Ehrenamt, ob durch die Landfrauen, freiwillige Feuerwehren, Kirchengemeinderäte. „Ohne Landwirtschaft wird es auch keinen ländlichen Raum mehr geben“, sagt Menkhaus. „Es ist wichtig, dass sich Kirche zur Landwirtschaft bekennt. Auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind.“

 

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Ein solches Bekenntnis hat Nora Steen, Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein, auf ihrem privaten Instagram-Account veröffentlicht. „Ich habe eine tiefe Wertschätzung entwickelt gegenüber der Landwirtschaft, den Handwerksbetrieben und überhaupt aller Arbeit, die es erst möglich macht, dass AkademikerInnen wie ich ihrerseits ihre Arbeit machen können“, schreibt sie hier – und schildert, wie sehr sie das Leben in Nordfriesland verändert hat. „Ich sehe das harte Leben der wenigen noch verbliebenen Landwirte. Kein Nine-to-Five-Job, nix mit Life-Work-Balance. Ich sehe das Höfesterben.“

Nora Steen: Die breite Kluft zwischen Stadt und Land

Steen geht mit ihrem Post auf ein Thema ein, das durch den Protest immer deutlicher wird: Die breite Kluft zwischen Stadt und Land. „Die Städter haben von dem Land eine Bullerbü-Vorstellung: Viel Platz soll es da für die quiekenden Schweine geben.“ „Aber die Realität sieht anders aus“, sagt auch Menkhaus.

In der Realität wissen Familien nicht, ob Kinder die Höfe ihrer Eltern übernehmen können. Denn: die Planungssicherheit fehlt. „Viele geben auf, die Höfe sterben“, sagt Menkhaus. Aber es braucht Bauern und Bäuerinnen, die sich auf den Wandel einlassen.“

Wandel, darum geht es. „Ich wünsche mir, dass wir konstruktiv miteinander reden und streiten können“, schreibt Nora Steen. „Damit wir gemeinsam Wege finden, wie wir den ländlichen Raum so gestalten, dass Natur, Tiere und Menschen es gut haben können.“