Experte: Geplantes Gesetz zum Rüstungsexport könnte scheitern
Nach Einschätzung des Tübinger Rechtsanwaltes Holger Rothbauer ist nicht sicher, ob das geplante nationale Rüstungsexportkontrollgesetz verabschiedet wird – auch wenn es im Koalitionsvertrag verankert ist. Leider sehe es derzeit so aus, dass das Gesetz möglicherweise gar nicht mehr kommt, sagte der Träger des Aachener Friedenspreises 2022 dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Fachtags „Rüstungsexporte in Zeiten des Krieges“, der am Freitag in Stuttgart stattfand. Der Fachtag wurde von den evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg veranstaltet.
Zwar seien nach intensiven und konstruktiven Diskussionen im Oktober 2022 vom Bundeswirtschaftsministerium Eckpunkte für ein Rüstungsexportkontrollgesetz entwickelt worden. Diese sehen unter anderem einen restriktiveren Umgang mit Rüstungsexporten vor, wie klare Kriterien und Transparenz bei Exporten und die Berücksichtigung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Empfängerländern. Doch seither habe sich nicht mehr viel getan, so das Mitglied der Fachgruppe Rüstungsexporte der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE).
Es zeige sich als „kapitaler Fehler“, dass man das Politikfeld Rüstungsexporte im Wirtschaftsministerium gelassen habe und nicht in das Außenministerium gelegt hatte. Denn mehr Export sei aus Sicht des Wirtschaftsministeriums immer besser, „selbst wenn es sich um die Waffen des Todes handelt“. Dies zeige sich auch an einem Rekord von Exporten an Rüstungsgütern im Vorjahr, so der Experte für Rüstungsexport.
Die Bundesregierung hatte 2023 die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von 12,2 Milliarden Euro erlaubt. Etwa ein Drittel davon entfiel auf die Ukraine. Das entspricht einer Steigerung von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch der bisherige Rekord von 9,35 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 wurde damit überschritten.
Im Wirtschaftsministerium herrsche der Glaube, dass man mit immer mehr Waffen und immer mehr Rüstungsexporten auch mehr Frieden schaffen könne, so der Rechtsanwalt. „Das Gegenteil ist der Fall: Waffen bedeuten auch immer mehr Zerstörung, mehr Tote, mehr Umweltzerstörung und Unfrieden!“
An dem kirchlichen Fachtag über Rüstungsexporte hielt laut Programm nach einer Eröffnung von Oberkirchenrat Ulrich Heckel von der württembergischen Landeskirche Rechtsanwalt Rothbauer einen Vortrag. Philipp Steeg stellte eine Greenpeace-Studie vor mit dem Titel „Revolving Doors – Wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sachen machen“. Nach Kurzvorträgen und Diskussionen fand eine Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten von SPD, CDU und Grünen statt. (0816/19.04.2024)