Experimentieren im kirchlichen Labor

Im Ökumenischen Forum sei Platz für Zweifel und für Ehrlichkeit – das hat Maximiliane Kedaj an der Stelle dort gereizt. Sie ist die neue Leiterin des Forums in der Hamburger Hafencity.

Auch das Hamburger Wetter heißt Maximiliane Kedaj willkommen
Auch das Hamburger Wetter heißt Maximiliane Kedaj willkommenTimo Neuschelers

Hamburg. Es war nicht nur ein Festakt, sondern ein Zeichen, das das Ökumenische Forum in die Hafencity und damit in die Nachbarschaft sandte. Mit einer feierlichen Prozession vom Grasbrookpark zur Kapelle, begleitet von vier Gospelsängern, wurde die neue geistliche Leitung Maximiliane Kedaj in ihrem Amt willkommen geheißen und eingesegnet. „Diese Prozession ist ein Brückenschlag über die Hafencity, ein sichtbares Zeichen für alle Menschen, die hier leben und arbeiten, für deren Miteinander sich das Ökumenische Forum seit 2012 engagiert“, sagt Henning Klahn, Geschäftsführer des Forums.

Die 33-Jährige Pastorin im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden hat zuletzt im niedersächsischen Varel gearbeitet. Sie stammt aus der Nähe von Bonn. Maximiliane Kedaj ist die erste geistliche Leitung, die von außen kommt – „aus dem ländlich Kleinen in die große Stadt“. Dabei war es nicht die Stadt, sondern die Stelle, die sie in den Norden gelockt hat. „Mein Bruder hat mir die Ausschreibung geschickt und meinte: Das passt doch zu dir“, erzählt sie. Aufgewachsen in einem baptistischen Elternhaus, sei es eine langsame Berufung zum Beruf der Pastorin gewesen, sagt sie. Nach dem Abitur habe sie sich nicht in der Rolle der Pastorin gesehen. „Ich war relativ schüchtern und dachte, um Pastorin zu werden, müsste man praktisch heilig sein.“ Beim anschließenden Lehramtsstudium auf Germanistik und Religionslehre habe sie jedoch gemerkt, dass das nicht das Richtige für sie sei „und Pastoren keine Heiligen“.

Ein echtes Privileg

Sie habe überlegt, an der Hochschule der Baptisten in Elstal bei Berlin zu studieren. „Aus meinem Umfeld hieß es: An der Uni geht dein Glaube kaputt“, erinnert sie sich. Das habe sie gereizt. „Ich habe mich gefragt, was ist mein Glaube denn dann wert?“ Heute sagt sie, man müsse seinen Glauben selbst einmal „durchgezweifelt“ haben. Das habe sie. Es sei ein Privileg, im Studium Vollzeit nach Antworten suchen zu können.

Timo Neuschelers

Die Ökumene, aber auch die Weite, die das Ökumenische Forum biete, begeistern die 33-Jährige. „Hier behauptet keiner, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben, alle verstehen sich als gemeinsam Suchende“, sagt sie. „Darin besteht die Chance für eine ganz große Ehrlichkeit und Echtheit.“

In ihrer Arbeit habe sie erlebt, dass manche Menschen fürchten, einen Großteil ihrer Fragen und persönlichen Überzeugungen an der Kirchentür abgeben zu müssen. Sie erlebt, dass Menschen zu ihr kommen, die am Glauben zweifeln, manchmal nachdem er sie ein Leben lang begleitet hat. „Oft haben sie keinen Ort, an dem sie über diese Zweifel sprechen können“, erzählt die Theologin. Auch diesen Menschen möchte sie Raum geben.

„Viele Menschen mit tollen Ideen“

Das Forum sei zwar ein kirchlicher Ort, aber keine Kirche. „Ein Labor, wo auch mal etwas explodieren kann, was woanders nicht explodieren sollte.“ Dieses Experimentieren im kirchlichen Labor, darauf freue sie sich besonders. Doch wie könnte das aussehen? „Wir wollen weg von der intellektuellen Beschäftigung, hin zum Erleben“, sagt sie. Und das ohne Verbindlichkeiten. In den vergangenen Monaten habe es bereits einen Erlebnisgottesdienst an mehreren Orten im Oberhafen oder Nachbarschaftskonzerte gegeben. Denn das Ökumenische Forum will nicht nur ein Ort für Zukunftssuchende der Kirche sein, sondern auch ein kirchlicher Ort für die Menschen im Stadtteil. Das schließe sich auch überhaupt nicht aus.

„Im Ökumenischen Forum geht es nicht nur darum, dass wir uns was für andere überlegen. Es gibt viele Menschen mit tollen Ideen, denen zur Umsetzung Ressourcen fehlen. Wir möchten solchen Menschen Raum bieten, hinhören und fragen: „Was möchtet ihr in diesem Stadtteil und wie können wir euch unterstützen?“ sagt sie. Baptisten sind Teil der evangelischen Glaubensfamilie. Im Unterschied zur Landeskirche praktizieren sie ausschließlich die Gläubigentaufe.