Aus dem Leitungsteam des Wiesbadener „Exground“-Filmfestivals kommt Kritik an der ARD für die Entfernung des palästinensischen Films „Wajib“ aus dem Programm. Ausschlaggebend dafür sei ihrer Meinung nach die „Angst der ARD-Verantwortlichen“ gewesen, einen Fehler zu machen, sagte Andrea Wink vom Leitungsteam am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Den betroffenen Film kenne sie sehr gut, mit propagandistischen Positionen habe er nichts zu tun. „Man kann doch nicht einfach einen Film aus dem Programm nehmen, nur weil man Sorge hat, sich eventuell einer Diskussion stellen zu müssen“, sagte Wink.
Die ARD begründete auf Anfrage, der Film sei vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in Nahost und aufgrund seiner Erzählperspektive „alleinstehend nicht richtig im Programm platziert“. Im Film spielten Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis eine Rolle. „Wir fürchteten, der Spielfilm könnte in der derzeit aufgeheizten Stimmung auch in Deutschland Spannungen weiter verschärfen“, teilte die ARD mit.
Wink sagte, sie finde es bedenklich, nicht zu den Inhalten zu stehen, die man selbst ins Programm gesetzt habe. Deshalb habe es beim „Exground“-Festival keine Debatte darüber gegeben, ob die französisch-palästinensische Koproduktion „Bye Bye Tiberias“, die für Palästina ins Oscar-Rennen geht, im Programm bleibt. Zu dessen Vorführung mit anschließendem Filmgespräch seien Gäste aus dem Produktionsteam des Films in Wiesbaden gewesen, sagte Wink. Für Freitag wiederum werde ein Gast aus Israel erwartet, um seinen Kurzfilm „Love Has Nothing To Do With It“ beim Festival zu zeigen und darüber zu sprechen.
Rund 200 Filme aus 57 Ländern sind noch bis Samstag in Wiesbaden und Frankfurt zu sehen. Das gebe den Zuschauerinnen und Zuschauern die Möglichkeit, „einen Einblick in ferne Länder und die Probleme vor Ort“ zu gewinnen, sagte Wink. Über manche Umstände, die dann fiktional umgesetzt auf der Leinwand zu sehen sind, wisse man vorher gar nichts: „Deshalb versuchen wir auch immer Filmschaffende auf das Festival zu holen, damit sich die Leute direkt miteinander austauschen und sehen können, wie Zusammenhänge in anderen Gesellschaften funktionieren.“
Weil sämtliche Dienstleister ihre Preise erhöht hätte, hat das Festival nach Winks Worten im Vergleich zu vergangenem Jahr mit Mehrkosten von rund 20 Prozent zu rechnen. Auf den momentan regen Zuschauerzuspruch sei man angewiesen. Am vergangenen Mittwoch sei zudem bekannt geworden, dass die Stadt Wiesbaden den Etat für freie Träger in der Kultur 2024 nicht kürzen wolle. Angesichts steigender Kosten sei selbst ein stagnierender Etat eine Negativ-Nachricht, sagte Wink.