Ex-Minister zu Guttenberg: Seelenleben ohne Scham offenlegen

Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (52) wünscht sich in Deutschland mehr Selbstverständlichkeit beim Thema Depression. In den USA etwa gebe es einen anderen gesellschaftlichen Umgang mit psychischen Erkrankungen, „als das in unserem verhuschten Deutschland der Fall ist“, sagte zu Guttenberg in einem am Montag in Leipzig veröffentlichten Podcast der Deutschen Depressionshilfe.

Bei gesellschaftlichen Anlässen wie etwa einem Abendessen komme es in Amerika „sehr häufig vor, dass man mit großer Offenheit über sein Seelenleben spricht“. In Deutschland gebe es stattdessen eine gewisse Scham und Distanz bei solchen Themen. Dieses „eine Zipperlein, das viele Menschen in unserem Land auch betrifft, spart man tunlichst aus“.

Der ehemalige CSU-Politiker ließ sich selbst nach seinem Rücktritt als Bundesverteidigungsminister im Jahr 2011 wegen einer Depression behandeln. Dabei sei der Rücktritt „eher ein zusätzlicher Trigger“ gewesen. Es habe sich herausgestellt, „dass Depression eine sehr frühe Veranlagung in meinem Leben war“. Eine Rolle habe etwa auch die Scheidung seiner Eltern gespielt sowie die depressive Veranlagung seines Vaters.

Dadurch dass er sehr früh und sehr schnell in hohe Ämter aufgestiegen sei, sei er dann „einfach an die Grenzen meiner Belastbarkeit gestoßen. Das sind Grenzen, die sind physischer Natur. Aber ich habe auch festgestellt, wie zunehmend mein Geist Schaden nimmt dabei.“

Das politische Leben sei „ein Großschauspiel“, wo unter allen Umständen immer wird versucht werde, Schwächen zu verdecken. „Und sich Schwächen einzugestehen und zu bearbeiten, war ein Geschenk“, sagte der ehemalige Politiker, der mittlerweile als Unternehmensberater und Autor tätig ist. „Mein Rücktritt war der größte Segen, der mir passieren konnte.“

Eine Behandlung mit Psychotherapie und kurzfristig auch Medikamenten habe geholfen, dass er heute wieder ein sehr gutes und zufriedenes Leben führen könne. „Ich kann sagen, dass ich mich heute in einer guten Ausgangssituation befinde, in der ich nicht wäre, wenn ich mir damals nicht Hilfe gesucht hätte“, so zu Guttenberg.

Der Podcast macht den Auftakt zur neu aufgelegten Reihe „Raus aus der Depression“. Entertainer Harald Schmidt befragt als Gastgeber fünf Prominente zu ihren persönlichen Erfahrungen mit ihrer Depressionserkrankung, darunter Sänger Wincent Weiss sowie ZDF-Moderatorin Katty Salie.