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EU schickt Nothilfe nach Berg-Karabach – Verärgerung über Alijew

Die armenische Bevölkerung in Berg-Karabach erhält 500.000 Euro aus Brüssel. Zugleich ärgert sich die EU über ihren neuen Gas-Lieferanten Aserbaidschan.

Die EU bringt 500.000 Euro an humanitärer Hilfe für die von Kampfhandlungen betroffene Bevölkerung in Berg-Karabach. Die Unterstützung erfolge zusätzlich zu den 1,17 Millionen Euro, die seit Jahresbeginn für die Krisenregion in Aserbaidschan bereitgestellt worden seien, teilte die Europäische Kommission am Donnerstag in Brüssel mit. Der für humanitäre Hilfe zuständige Kommissar Janez Lenarcic forderte alle Konfliktparteien auf, Hilfsorganisationen ungehinderten und sofortigen Zugang zu gewähren.

Die EU begründete die Akuthilfe damit, dass infolge der jüngsten Militärgewalt Tausende Menschen vertrieben worden seien. Neben Bargeld zur Deckung der Grundbedürfnisse sollen den Betroffenen Unterkünfte und psychosoziale Unterstützung angeboten werden. Unter Einsatz von Artillerie und Raketen hatte Aserbaidschan am Dienstag die Kontrolle über das armenisch bewohnte Berggebiet zurückerlangt. Die Lage gilt weiter als angespannt.

Unterdessen hatte EU-Ratspräsident Charles Michel am Mittwochabend mit Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew telefoniert und den Gewalteinsatz kritisiert, wie es aus dem Rat hieß. Die Regierung in Baku müsse “glaubhafte Garantien” für die Rechte und die Sicherheit der armenischen Bevölkerung vorlegen sowie eine Amnestie ausrufen.

Alijew habe hingegen die Militäroperation als rechtmäßige Maßnahme zur Wiedereingliederung Berg-Karabachs verteidigt und internationale Vermittlung abgelehnt, hieß es weiter. Demgegenüber habe Michel auf Beratungen mit internationalen Partnern bestanden und eine Beteiligung der Staatengemeinschaft beim Schutz der armenischen Bevölkerung verlangt. Alijew kündigte den Angaben zufolge an, am Freitag mit Vertretern Berg-Karabachs in der Stadt Yevlax zusammentreffen zu wollen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte am Donnerstagabend im Namen der EU die Militäroperation Aserbaidschans. Er verlangte ebenfalls ungehinderten humanitären Zugang, unter anderem durch eine vollständige Öffnung des Latschin-Korridors, der Berg-Karabach mit Armenien verbindet. Aserbaidschan sei dafür verantwortlich, Rechte und Sicherheit der armenischen Bevölkerung auf ihrem Gebiet zu gewährleisten. Auf etwaige Vertreibungen mit militärischen oder anderen Mittel werde die EU “mit Entschlossenheit reagieren”. Im Fall einer Verschlechterung der Lage sei man bereit, “geeignete Maßnahmen zu ergreifen”, warnte Borrell.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem folgenden Gas-Embargo hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Aserbaidschans Präsident Alijew am 18. Juli 2022 eine strategische Energiepartnerschaft vereinbart. Sie sieht vor, dass Aserbaidschan seine Erdgaslieferungen in die EU in den nächsten Jahren auf das Zweieinhalbfache gegenüber 2021 erhöht.

Russland hat in Berg-Karabach Friedenstruppen stationiert, die aber der Militäroperation Aserbaidschans offenbar nichts Substanzielles entgegenstellten.