Alle Halbjahre wieder … kommt die Zeitumstellung – und damit auch die Debatte über Sinn und Unsinn von Sommer- und Winterzeit. Für die Abschaffung gibt es breite Zustimmung, doch sie stockt auf europäischer Ebene.
Das Europäische Parlament in ungewohnter Einigkeit: In einer Plenardebatte am Donnerstag in Straßburg sind die Abgeordneten den Nationalstaaten auf die Füße getreten. Woran hapert es, dass die saisonale Zeitumstellung bisher nicht abgeschafft wurde, obwohl sie europaweit unbeliebt ist? 2018 gab es eine Abstimmung in den EU-Ländern, bei der 4,6 Millionen Menschen mitmachten. 84 Prozent von ihnen wollten ein Ende der Zeitumstellung. Geändert hat sich seitdem nichts. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet einige Fragen rund um das Thema.
An wem liegt es, dass eine Abschaffung der Zeitumstellung nicht vorankommt?
An den EU-Mitgliedstaaten. Von der EU-Kommission liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, die Zeitumstellungen zu beenden. Die Mitgliedsstaaten sollen selbst entscheiden, ob sie Sommerzeit oder Winterzeit dauerhaft beibehalten wollen – dabei aber vermeiden, dass in Europa ein Flickenteppich verschiedener Zeiten entsteht. Das Europäische Parlament schloss sich 2019 diesem Vorschlag an. Seitdem liegt der Ball bei den Mitgliedstaaten.
Woran hakt es konkret?
Das hat hauptsächlich zwei Gründe: Einmal hat das Thema in Anbetracht vieler Krisen und Herausforderungen keine Priorität. Außerdem sind sich die Staaten nicht einig darüber, ob dauerhaft Sommer- oder Winterzeit gelten soll. Im Osten Polens beispielsweise geht die Sonne im Juni bei Sommerzeit etwa um 4.30 Uhr auf. Würden sich die Staaten auf eine dauerhafte Winterzeit einigen, fiele der Sonnenaufgang in Ostpolen auf 3.30 Uhr. Anders sähe es etwa im Westen Spaniens aus: Dort wird es im Dezember mit Winterzeit momentan gegen 8.30 hell. Eine Entscheidung für die dauerhafte Sommerzeit hieße, es bliebe bis 9.30 dunkel. Entsprechend tendieren östliche Länder eher zur dauerhaften Sommerzeit, die Staaten im Westen eher zur Winterzeit.
Warum gibt es die Zeitumstellung eigentlich?
Sie wurde eingeführt, um Energie für Licht und Heizen zu sparen. 1996 vereinheitlichten die EU-Staaten ihre unterschiedlichen Regelungen. Seitdem werden die Uhren von Ende März bis Ende Oktober auf Sommerzeit umgestellt.
Was sind die Vor- und Nachteile der Zeitumstellung?
Heutzutage sorgt der Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit nicht mehr für eine Energieersparnis. Stattdessen betonen Wissenschaftler negative Folgen für das Wohlbefinden der Menschen, zum Beispiel durch Schlafstörungen. Auch der zuständige EU-Kommissar Apostolos Tzitzikostas betonte am Donnerstag, die Zeitumstellung sei Quell unnötiger Komplikationen, etwa im Verkehrssektor und für die menschliche Gesundheit. Sie habe inzwischen keinen Zweck mehr, sagte er bei der Aussprache im Parlament.
Können Parlament und Kommission nicht alleine tätig werden?
Nein, obwohl sich bei diesem Thema ungewöhnlicherweise alle Fraktionen im Parlament sowie die Kommission einig sind. Die Staaten, also der Rat, müssen tätig werden. In der Parlamentsdebatte kritisierten die Parlamentarier die Untätigkeit der Regierungen. Sie unterstrichen, dass es ein klares Votum der Bürgerinnen und Bürger zu dem Thema gebe. Parlamentsvizepräsidentin Sabine Verheyen (EVP) appellierte an die Staats- und Regierungschefs, endlich auf das Parlament, die Kommission und die Bürger zu hören.
Wie geht es weiter?
Die spanische Regierung hat in dieser Woche einen Vorstoß im Energierat gestartet. Eine konkrete Perspektive gibt es aber nicht. Parlamentarier von Parteien aus dem rechtsnationalen Spektrum sprachen sich dafür aus, dass die Nationen im Zweifelsfall eigenständig ihre Entscheidung für Sommer- oder Winterzeit setzen sollen. Beim jüngsten Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs stand das Thema nicht auf der Tagesordnung. Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa werden also bis auf weiteres am letzten Wochenende im Oktober die Uhr eine Stunde zurückstellen und am letzten Märzwochenende eine Stunde vor.