EU gratuliert euroskeptischen Wahlsiegern in Nordmazedonien

Die Schlappe der bisher regierenden Sozialdemokraten bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen schafft eine neue Lage für den EU-Beitritt Nordmazedoniens. Brüssel setzt trotzdem auf engere Beziehungen.

Nach der Abwahl der pro-europäischen Regierung in Nordmazedonien hat die EU-Kommission der Gewinnerin Gordana Siljanovska-Davkova von der nationalistischen VMRO-DPMNE zum Sieg gratuliert. Das künftige Parlament und die neue Regierung sollten gemeinsam Nordmazedonien auf dem Weg in die EU voranbringen, erklärten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi am Freitag in Brüssel. Dafür notwendige Reformen insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und der Korruptionsbekämpfung seien im Interesse aller Bürger.

Nordmazedonien habe entscheidende Schritte im EU-Beitrittsprozess gemacht, so die Vertreter der Brüssler Behörde. Das Land müsse seine noch offenen Verpflichtungen erfüllen, damit man das erste Kapitel der Beitrittsverhandlungen eröffnen könne.

“Die EU und Nordmazedonien verbindet eine starke Partnerschaft. Das Land hat sich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU voll angeschlossen, und wir erwarten, dass unsere Zusammenarbeit fortgesetzt und weiter ausgebaut wird”, erklärten Borrell und Varhelyi.

Die euroskeptische und pro-russische VMRO hatte im Wahlkampf einen selbstbewussten Kurs gegen die benachbarten EU-Staaten Bulgarien und Griechenland angekündigt. Ob Nordmazedonien im EU-Beitrittsverfahren weiterkommt, hängt auch von der Zustimmung dieser Mitgliedstaaten ab.

Unterdessen bezeichnete die ehemalige deutsche Botschafterin Gudrun Steinacker den Rechtsruck in Nordmazedonien bei den Wahlen als “Ohrfeige” für die Europäische Union. “Die EU und auch Deutschland haben in diesem kleinen komplexen Land völlig versagt”, sagte Steinacker am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Während Fortschritte des EU-Beitrittskandidatenlandes ignoriert worden seien, hätten die Verantwortlichen in Brüssel und Berlin bei weitreichender Korruption weggesehen, so die Diplomatin, die von 2011 bis 2014 Botschafterin der Bundesrepublik in Nordmazedonien war.

Die Rückkehr der europaskeptischen Nationalisten an die Staats- und Regierungsspitze betrachtet Südosteuropa-Expertin Steinacker mit Sorge. Die VMRO-DPMNE sei “tief verstrickt in organisierte Kriminalität” und habe durch die Kontrolle der Justiz während ihrer Regierungsperiode bis 2017 eine Strafverfolgung verhindert. “Ich erwarte, dass die neue Regierung für die Hauptschuldigen eine Amnestie verkündet”, so die Diplomatin. Trotz nachgewiesener Straftaten habe die Europäische Volkspartei ihre verbündete Partei weiter unterstützt.

Grundlegendes Problem Nordmazedoniens ist laut Steinacker, dass die Regierenden der vergangenen Jahre “keine wirkliche Alternative” zu den Nationalisten boten. Auch unter sozialdemokratischer Regierung sei es zu Korruption gekommen, so die Vizepräsidenten der deutschen Südosteuropagesellschaft.