EU-Analyse: Praktika immer öfter Sprungbrett ins Berufsleben

Der Anteil junger Leute, die ein Praktikum absolvieren, ist im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen. Prüfer mahnen aber bessere Qualitätsstandards an und warnen vor ungleichen Chancen.

Schätzungsweise 3,7 Millionen junge Menschen pro Jahr machen in der EU ein Praktikum. Diese Form, Erfahrungen in der Berufswelt zu sammeln, sei zu einer wichtigen Einstiegsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt geworden, heißt es in einer Analyse des Europäischen Rechnungshofs, die am Dienstag in Luxemburg veröffentlicht wurde. Allerdings unterscheiden sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Praktika erheblich; in 16 der 27 Mitgliedstaaten gibt es demnach keine rechtliche Definition, was ein Praktikum umfasst.

Schon 2014 hatte der Rat der Europäischen Union eine unverbindliche Empfehlung zu einem Qualitätsrahmen für Praktika ausgegeben. Dazu zählt die Festlegung von Lernzielen, der Abschluss eines Praktikumsvertrags, die Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen und eine angemessene Praktikumsdauer. Allerdings wird die Empfehlung zu hochwertigen Praktika in den Mitgliedstaaten laut Rechnungshof uneinheitlich angewendet; auch könnten junge Leute je nach sozialem Hintergrund schlechtere Chancen auf einen Praktikumsplatz haben.

So führt die Ratsempfehlung, die derzeit überarbeitet wird, die Frage der Bezahlung nicht als Qualitätsmerkmal auf. Nach Daten, auf die der Rechnungshof verweist, werden rund ein Drittel der Praktika auf dem Arbeitsmarkt nicht vergütet. Dies könnte den Prüfern zufolge benachteiligten jungen Menschen den Schritt in den Beruf erschweren. Auch ist ungeklärt, ob und unter welchen Bedingungen Praktikanten als Arbeitnehmer gelten können. Davon hängt ab, ob sie durch EU-Vorschriften für Arbeitnehmerrechte geschützt sind.

Arbeitgeber sind der Ansicht, dass ein Praktikum eine Lernerfahrung darstelle und Praktikanten in der Regel keine Arbeitnehmer seien. Gewerkschaftsvertreter und Jugendorganisationen hingegen setzen sich für ein Verbot unbezahlter Praktika ein.

Obwohl der EU-Haushalt Praktika durch verschiedene Programme finanziell unterstützt, liegen laut den Rechnungsprüfern weder Angaben zu den konkreten zugewiesenen Beträgen noch zur Zahl der davon profitierenden Praktikanten vor. Allein bei Organen und Einrichtungen der EU sind jedes Jahr rund 4.700 bezahlte Praktikanten tätig.

Der Anteil junger Menschen, die an einem Praktikum in der EU teilnahmen, stieg in den vergangenen zehn Jahren erheblich: Gaben 2013 noch 46 Prozent der 18- bis 35-Jährigen an, ein Praktikum gleich welcher Art absolviert zu haben, waren es 2023 EU-weit 78 Prozent. Spitzenreiter war Deutschland mit 90 Prozent; in Schweden am anderen Ende der Skala lag die Quote bei 53 Prozent.