Karlsruhe hat die gesetzlichen Regelungen zur Triage gekippt. Den Ethikratsvorsitzenden Helmut Frister verwundert die Entscheidung. Er bezweifelt, dass rasch eine Neuregelung kommt.
Das Nein des Bundesverfassungsgerichts zur Triage-Gesetzgebung hat den Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, sehr überrascht. Der Bundestag habe schließlich 2022 die gesetzlichen Regelungen beschlossen, weil zuvor das Bundesverfassungsgericht angemahnt habe, dass der Gesetzgeber eine Regelung treffen müsse, die verhindere, dass insbesondere Menschen mit Behinderung bei der Triage diskriminiert würden, sagte Frister der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.
Jetzt habe das Bundesverfassungsgericht geurteilt, der Bundesgesetzgeber hätte das gar nicht tun dürfen, sondern das falle in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. “Davon war in der damaligen Entscheidung keine Rede”, sagte der Jurist Frister. Er zeigte sich skeptisch, ob die Länderparlamente jetzt zügig eine neue Regelung beschließen können. “Das Bundesverfassungsgericht empfiehlt da ein koordiniertes Vorgehen. Das heißt, es müsste vielleicht über die Gesundheitsministerkonferenz koordiniert werden. Aber ob wir überhaupt jetzt eine solche Regelung kriegen, das halte ich für sehr ungewiss.”
Weiter führte Frister aus: “Dieses Gesetz war inhaltlich von Anfang an sehr umstritten und wurde insbesondere von der Ärzteschaft, aber auch von Juristen zum Teil sehr kritisiert. Aber um die Inhalte geht es jetzt in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gar nicht. Sondern da geht es allein um die Frage, ob der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat oder die Länder.”
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss die derzeitige Gesetzgebung zur sogenannten Triage gekippt. Dabei geht es um die Frage, wer überlebenswichtige Geräte wie etwa ein Atemgerät oder ein Intensivbett erhält, wenn nicht genügend Ressourcen für alle Patientinnen und Patienten vorhanden sind.
Im Zuge der Corona-Pandemie hatte das Gericht Ende 2021 entschieden, dass der Staat Menschen mit Behinderung bei knappen intensivmedizinischen Kapazitäten vor Benachteiligung bewahren muss. Daraufhin änderte der Bundestag das Infektionsschutzgesetz. Gegen diese Regelungen legten Ärztinnen und Ärzte Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Sie sahen sich unter anderem in ihrer Berufsfreiheit verletzt.