Ethikrats-Vorsitzender für Neuregelung der Sterbehilfe
Die Suizidbeihilfe ist laut Bundesverfassungsgericht nicht verboten, aber wie sie geregelt wird, ist unklar. Der neue Ethikratsvorsitzende sieht hier gesetzlichen Handlungsbedarf.
Die Suizidbeihilfe braucht aus Sicht des neuen Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, eine neue gesetzliche Regelung. “Es braucht ein ausformuliertes Verfahren, wie man eine freiverantwortliche Suizidentscheidung feststellt”, sagte Frister der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch in Berlin. Und ergänzte: “Zumindest das Vier-Augen-Prinzip und eine Beratungserfordernis müssen eingehalten werden.” Bei Minderjährigen sei der letzte Ethikrat, ihn eingeschlossen, mehrheitlich gegen die Möglichkeit einer Suizidentscheidung gewesen.
Im Gespräch mit der “Rheinischen Post” (Mittwoch) sagte Frister zudem: “Wir müssen rechtlich und ethisch respektieren, dass jemand freiwillig aus dem Leben scheidet.” Die Gesellschaft stehe aber in der Pflicht, Menschen in solchen Notlagen so weit wie möglich zu helfen, dass sie sich für das Leben entschieden.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte es indes gegenüber der KNA einen “Irrglauben, dass eine freiverantwortliche Entscheidung durch ein Vier-Augen-Prinzip oder durch Beratungen ermittelt werden kann”. Vielmehr müsse das Handeln des Sterbehelfers in den Blick genommen werden. Und die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung müsse in jedem Fall unter Strafe gestellt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe für nichtig erklärt und ein weitreichendes Recht auf den selbstbestimmten Tod formuliert. Zugleich betonten die Richter, der Staat könne Regelungen treffen, um zu überprüfen, ob die Entscheidung wirklich ohne äußeren Druck getroffen werde. Seitdem wird eine gesellschaftliche und parlamentarische Diskussion um eine gesetzliche Neuregelung geführt.
Frister ist seit Mitte November neuer Vorsitzender des Deutschen Ethikrats. Der 67-Jährige ist bereits seit 2020 Mitglied des Gremiums und hat im Amt seine Vorgängerin Alena Buyx abgelöst. Buyx stand dem Rat während der Corona-Pandemie vor. Eine Zeit, in der der Rat “plötzlich in aller Munde” war, wie Frister sagt. In dieser Zeit habe es auch viele Anfeindungen gegeben, vor allem gegen Alena Buyx. “Es war bewundernswert, wie sie das durchgestanden hat”, so Frister.
Ein Thema, das Frister in seiner vierjährigen Amtszeit an der Spitze des Ethikrats sehr wichtig ist, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt. Das sei das Thema der kommenden Jahrestagung im Juni 2025. “Was mir auch sehr am Herzen liegt, ist das Thema Generationengerechtigkeit”, fügte Frister hinzu. Seine Generation, so der 67-Jährige, sei sich ihrer privilegierten Position – ohne Krieg mit ständigem Wachstum – oft gar nicht bewusst. “Diese Generation muss meines Erachtens stärker auf die junge Generation blicken. Und sie nicht überlasten.”
Mit Sorge blickt Frister indes auf die Entwicklung in den USA. “Unser wichtigster Verbündeter könnte wegbrechen. Das sei bei zentralen gemeinsamen Werten relevant, so der Rechtswissenschaftler. “Es geht in der Ethik immer auch um den Blick auf den anderen, in der internationalen Politik scheint der Blick gerade sehr auf sich selbst gerichtet”.