Ethiker: Zulassung von Datensystemen weltweit reglementieren

Die Zulassung von Datensystemen und Smartphone-Apps sollte nach Ansicht des katholischen Theologen Peter Kirchschläger international reglementiert werden. Heute könnten sogar Apps mit sexualisierenden Kinderbildern verkauft werden, ohne dass dagegen eingegriffen werde, kritisierte Kirchschläger am Mittwochabend in Tübingen. Moderne Technologiekonzerne verletzten im Umgang mit Datenschutz, Privatsphäre und der mentalen Gesundheit von Minderjährigen die Menschenrechte, sagte der Leiter des Instituts für Sozialethik an der Universität Luzern.

Nach dem Vorbild der Internationalen Atomenergie-Organisation muss seiner Ansicht nach bei den Vereinten Nationen eine Agentur für datenbasierte Systeme eingerichtet werden. Die neue Agentur solle insbesondere die Marktzulassung solcher Systeme im Blick auf die Menschenrechte überprüfen. Diese Idee werde von UN-Generalsekretär António Guterres und Papst Franziskus unterstützt.

Kirchschläger beobachtet ein neues Rechtsstaatsverständnis bei den weltweit führenden Technologiekonzernen. Sie äußerten inzwischen offen, dass sie sich nicht an Gesetze halten, solange die angedrohten Sanktionen kleiner seien als der wirtschaftliche Nutzen. Ihre Lobbyisten drohten Politikern damit, in Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken nicht mehr gefunden zu werden, sollten sie Regeln einführen, die den Konzernen schaden.

Milad Karimi, Leiter der Forschungsstelle für Theologie der Künstlichen Intelligenz (KI) am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster, sieht die Erwartungen an KI von religiösen Motiven durchdrungen. Der Mensch werde als „Baustelle“ betrachtet und könne durch KI „selbst ein Akteur seiner Evolution“ werden. Bewegungen wie der Transhumanismus seien eine „Techno-Religion“, die Erlösung und Heil verspreche. Die Theologie habe die digitale Entwicklung verschlafen, Forschungsarbeiten dazu hätten viel früher erscheinen müssen, sagte er.

Rebecca Beiter vom Unternehmen Cyber Valley in Tübingen sprach sich dafür aus, KI nicht nur unter kritischen Gesichtspunkten zu sehen. Sie vermisse eine Vision, wie mit digitaler Hilfe eine positive Zukunft aussehen solle. Die begleitende Gesetzgebung ist ihrer Einschätzung nach schwierig, weil sie einer sich schnell ändernden Technologie gegenüberstehe.

Die drei Referenten sprachen bei der Veranstaltung „Herausforderung KI: Zwischen Algorithmus und Ethos“. Veranstaltet wurde sie von der Stiftung Weltethos, der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und dem Tübinger Unternehmen Cowork Group. (1308/13.06.2024)