„Es ist ein Gesamtkunstwerk“

So etwas erleben Kirchengemeinden nicht jeden Tag: In der Husumer St. Marienkirche ist eine neue Orgel eingebaut worden. Kantor Kai Krakenberg hat dafür zehn Jahre geplant – sein Lebenswerk.

Organist Kai Krakenberg hat die neue Orgel zehn Jahre geplant
Organist Kai Krakenberg hat die neue Orgel zehn Jahre geplantInke Raabe

Husum. Wie zwei Engelsflügel ragen die mattsilbernen Orgelpfeifen über die Empore hinaus. In schöner Symmetrie rahmen sie den weißen Spieltisch ein – und sind als Hauptwerk doch nur ein Teil des Ganzen. Weil etwa Schwellwerk und Windanlage in den Raum eingebaut wurden, passt sich das nur scheinbar kleine Instrument filigran und schnörkellos ins Innere der Kirche ein.

Doch die neue Klais-Orgel in St. Marien zu Husum bietet neben einer ansprechenden Ästhetik vor allem eines: einen einzigartigen und genau auf das Gotteshaus abgestimmten Klang. „Es ist ein Gesamtkunstwerk: Das Instrument ist für die Größe und die Akustik des Raums perfekt, und es passt sich auch äußerlich hervorragend ein“, sagt Kai Krakenberg. Seit 2005 ist er Kirchenmusiker, Kantor und Organist an der Stadtkirche. Die neue Orgel sieht er als sein Lebensprojekt.

Zehn Jahre Planung

Ihre Entwicklung ist eng mit seinen Vorstellungen und Wünschen verbunden. Das Ziel: „Ein Instrument, das zu Beginn des 21. Jahrhunderts konzipiert wird, sollte stilistisch die Darstellung von Musik verschiedener Epochen zulassen – und noch offen sein für Neues“, so Krakenberg. Zehn Jahre lang plante er mit dem Orgelbauer Klais, verwarf manches wieder, entwickelte Neues.

„Eine Bereicherung!“

Entstanden sei eine Orgel, auf dem die Werke der deutschen, skandinavischen, französischen, englischen und amerikanischen Orgelromantik authentisch dargestellt werden könnten: „Damit ist das neue Instrument einzigartig und bereichert stilistisch die hiesige Orgel-Landschaft.“

Insgesamt kostete das Projekt mit Einbau der Orgel und Umbau ihrer Umgebung rund 1,6 Millionen Euro. Eingebaut wurde sie im vergangenen Herbst, einer breiten Öffentlichkeit werde das „Klangwunder“ wohl erst mit dem kommenden Orgelfestival zuteil: „Das ist uns sehr wichtig, weil wir den Menschen ganz am Anfang zeigen wollen, wie unglaublich vielseitig dieses Instrument ist“, so Friedemann Magaard, Pastor an der Marienkirche. Nun seien viele, die sich für das Projekt engagiert haben, neugierig und sagten: „Jetzt wollen wir es aber hören!“

Besucher kommen auch aus Hamburg

Denn der Orgelneubau sei zwar eine große personelle und finanzielle Kraftanstrengung gewesen – doch das werde mehr als wettgemacht von der Kraft, die nun von der Orgelmusik ausgehe: Nicht nur viele Husumer seien tief beeindruckt und gerührt. Die Orgel werde auch überregional wahrgenommen, Menschen reisten etwa aus Hamburg an. „Wir erleben, dass Menschen in die Kirche kommen, die sonst nicht hier zu sehen sind“, so Magaard. „Und die wiederkommen, weil sie merken, dass es ihnen guttut. Die Orgel tröstet, richtet auf, beglückt – sie ist eine hervorragende Seelsorgerin.“

Das Festival beginnt am Sonntag, 6. Februar, mit einem Konzert von Organist Heiner Graßt aus Essen, dem früheren Orgellehrer von Kai Krakenberg. Zu hören sein wird „eine große Bandbreite von Orgelimprovisation über das Stummfilm-Genre, Bach und Jazz bis hin zu festlicher, pompöser Orgelmusik, wie viele Menschen sie kennen und lieben“, schildert Magaard.

Orgel-Slam in Planung

Als Highlight plant die Kirchengemeinde etwas ganz Besonderes: einen Orgel-Slam, „ein heiliges Spiel“, der am Sonntag, 27. Februar, um 11 Uhr Weltpremiere feiern soll. „Wir haben drei großartige Organisten eingeladen, die über eine Bibelstelle improvisieren werden“, erläutert Magaard. Die Kirchengemeinde entscheide mittels Applaus direkt vor Ort, wer „Sieger der Herzen“ wird.