Erzbistum Hamburg stellt seine Schulen auf den Prüfstand

„Eine schöne Tradition“ nennt Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz die katholischen Schulen in der Hansestadt. Doch die Zukunft mancher Standorte ist ungewiss. Denn das Erzbistum muss sparen.

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Hamburg. Zwar sind die Katholiken in Norddeutschland in der Minderheit. Was die Bildungslandschaft angeht, sind sie jedoch stark vertreten: 25 katholische Schulen mit mehr als 10.000 Schülern liegen auf dem Gebiet des Erzbistums Hamburg, davon 21 allein in der Hansestadt. "Eine schöne Tradition", wie der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kürzlich betonte. Er hoffe, dass sie noch lange fortbestehe.
Doch die Zukunft der Bildungseinrichtungen steht auf dem Prüfstand. Steigende Investitionsbedarfe stellen das Erzbistum vor große finanzielle Herausforderungen. Eine neu gegründete Abteilung "Schule und Hochschule" ist aktuell dabei, das katholische Schulsystem unter die Lupe zu nehmen und mit Hilfe von Experten wirtschaftlich neu aufzustellen. Ergebnisse sollen bis spätestens Anfang 2018 vorliegen, bis dahin wird an vielen Standorten erst einmal nicht gebaut oder saniert.

Schulverband war fast pleite

Baupläne hat mancher Schulleiter bereits in der Schublade liegen, wie beispielsweise Winfried Rademacher vom Niels-Stensen-Gymnasium im Hamburger Stadtteil Harburg. Zwar schmückt ein fünfstöckiger Neubau das Gelände. Doch die Anmeldezahlen steigen, ein weiteres Gebäude müsste her. Zwei Klassen werden in Containern unterrichtet. Auf mindestens zehn Millionen Euro schätzt Rademacher die nötigen Investitionen.
Geld, das das Erzbistum im Moment nicht hat. Erzbischof Stefan Heße will bis 2020 jährlich 20 Millionen Euro in seinem Haushalt einsparen. Die wirtschaftliche Konsolidierung des Schulsystems ist neben der Finanzierung der Caritas und der Neuordnung der Gemeinden eine der größten Herausforderungen der Diözese.
Der katholische Schulverband, der bis vor kurzem Träger der 21 Schulen in Hamburg war, stand kurz vor der Pleite. In der Pensionskasse klaffte ein großes Loch. Heße zog die Notbremse: Der Verband wurde Ende 2016 aufgelöst, die Trägerschaft ging direkt auf das Erzbistum über, das nun entsprechende Rücklagen aufbauen muss.

Zusammenlegungen denkbar

Die Leitung der dort angesiedelten neuen Schulabteilung übernahm Christopher Haep: "Die Frage ist, wie Schule im laufenden Betrieb wirtschaftlich rentabel und somit zukunftsfähig sein kann", sagt er. Allein der laufende Betrieb schlägt jährlich mit rund 55 Millionen Euro zu Buche. 85 Prozent finanziert der Staat, 15 Prozent kommen aus Schulgeld und Anteilen des Erzbistums. Ebendiesen Anteil der Diözese gelte es zu reduzieren, damit Freiräume beispielsweise für größere Bauprojekte und Sanierungen geschaffen würden.
Die Aufgabe einzelner Schulen will Haep daher nicht ausschließen: "Nach allem, was ich bisher überschaue, werden wir zukünftig von weniger Schulstandorten ausgehen müssen." Dabei denke er allerdings auch an Zusammenlegungen benachbarter Schulen in der dicht besiedelten Hansestadt.
Eine Option, die sich in den Flächenländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nicht bietet. Betreiber der dortigen vier katholischen Schulen ist die selbstständige Bernostiftung, die jedoch vom Erzbistum bezuschusst wird. Das Gebäude der Edith-Stein-Schule in Ludwigslust ist marode. Eine Elterninitiative kämpft für einen Neubau. Die Lübecker Johannes-Prassek-Schule ist seit ihrer Neugründung im Jahr 2009 nur Mieter in einer städtischen Schule, seit 2013 sind mehrere Klassen in Containern untergebracht. Auch dort muss neu gebaut werden.

Entscheidungen noch 2017

Das Erzbistum schiebt Entscheidungen schon seit Monaten vor sich her. Laut Haep soll sich das bald ändern: "Hier geht es um Standort-Entscheidungen, die nicht länger warten können." Sie sollten noch in diesem Jahr fallen, kündigt er an.
Parallel zur wirtschaftlichen Konsolidierung hat Haep auch die Erarbeitung eines neuen inhaltlichen Leitbilds für die katholischen Schulen angestoßen. Er ist sich bewusst: "Es geht um die Zukunft der religiösen Bildung im Erzbistum – und darum, wie Kirche mit ihren religiösen Bildungsangeboten wachsen kann."
Ein Argument, das auch Schulleiter Winfried Rademacher anführt: "Wenn die Kirche Geld für Kitas und Schulen in die Hand nimmt, ist es in meinen Augen gut investiert. Schließlich ist die Jugend die Zukunft der Kirche." (KNA)