Erste Aussage im Prozess zum „Schelm“-Verlag

Im Prozess gegen den rechtsextremen Verlag „Der Schelm“ in Sachsen hat am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Dresden einer der drei Angeklagten umfangreich ausgesagt. Der gebürtige Riesaer Matthias B. schilderte vor dem 4. Strafsenat seinen Anteil an der Verlagstätigkeit. Er habe als Grafiker Bücher gesetzt und zum Teil die Kommunikation mit Verlagen übernommen, sagte der 38-Jährige in einem längeren Vortrag. Gedruckt worden sei in Osteuropa. Gelagert wurden die Bücher unter anderem im sächsischen Bad Lausick.

Der Prozess vor dem Oberlandesgericht wird gegen drei mutmaßliche Betreiber des Neonazi-Verlags geführt. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die das Verfahren an sich gezogen hat, wirft einem Mann und einer Frau die Gründung einer kriminellen Vereinigung vor, dem dritten Angeklagten die Mitgliedschaft in der Vereinigung. Enrico B., Matthias B. und Annemarie K. sollen jahrelang volksverhetzende und rechtsextreme Schriften verbreitet haben.

Der Verlag „Der Schelm“ vertrieb laut Anklage rechtsextreme Schriften mit strafrechtlich relevanten Inhalten, darunter Hitlers unkommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“. Zwischen August 2018 und Dezember 2020 seien rund 46.500 Druckerzeugnisse mit einem Umsatz von mehr als 800.000 Euro Umsatz verkauft worden. Bei einer Durchsuchung am 17. Dezember 2020 waren weitere Druckerzeugnisse mit überwiegend volksverhetzendem Inhalt mit einem Verkaufswert von mehr als 900.000 Euro aufgefunden und sichergestellt worden. Offizieller Sitz des Verlages war zunächst Leipzig.

Den Auftrag für die Publikationen habe jeweils der Verlagschef Adrian Preißinger ausgelöst, sagte der Angeklagte Matthias B.. Er selbst habe zum Beispiel Angebote bei Druckereien eingeholt und als Grafiker Bücher gesetzt sowie eine Zeit lang den Vertrieb des Verlags organisiert. Preißinger, der mit internationalem Haftbefehl gesucht wird, sei damals wie eine Art Vaterfigur für ihn gewesen. Zu seiner Verantwortung für den Versand sagte B.: „Es war mir schon klar, dass das eine strafbare Handlung sein kann“.

Nach der Razzia im Dezember 2020 und seiner Verhaftung habe er in der Justizvollzugsanstalt eine Einlassung verfasst und danach umfangreich bei den Ermittlern in Karlsruhe ausgesagt, sagte der Angeklagte weiter. Er habe auch Namen von Mittätern genannt. Außerdem sicherte B. nach eigenen Angaben zahlreiche Daten des Verlagschefs Adrian Preißinger und stellte diese den Ermittlungsbehörden zur Verfügung.

Er selbst sei mithilfe des Aussteiger-Programms EXIT aus der Neonazi-Szene ausgestiegen, sagte der Angeklagte. Er befinde sich aber noch immer „im Ausstiegsprozess“ und sei zudem in psychologischer Behandlung. Ein Buch des „Schelm“-Verlages habe er selbst nie gelesen, sagte der Angeklagte. Matthias B. hatte nach eigenen Angaben auch im NPD-Verlag Deutsche Stimme in Riesa gearbeitet.

Der Prozess sollte am Nachmittag in Dresden fortgesetzt werden. Es wurden Aussagen eines weiteren Angeklagten erwartet.