Entwurf für Selbstbestimmungsgesetz steht

Die Änderung des Geschlechts soll künftig per einfacher Erklärung möglich sein, ohne intime Befragung. Die Bundesregierung hat sich auf den Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz geeinigt.

Justizminister Marco Buschmann und Familienministerin Lisa Paus stellen den Entwurf vor
Justizminister Marco Buschmann und Familienministerin Lisa Paus stellen den Entwurf vorImago / Ipon

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) haben sich auf einen Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz geeinigt. Ziel sei es, die Änderung des Geschlechtseintrags im amtlichen Register einheitlich, unbürokratischer und selbstbestimmter zu ermöglichen, heißt es in dem Entwurf, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Damit kann das Vorhaben ins Kabinett kommen.

Buschmann und Paus hatten bereits im vergangenen Sommer Eckpunkte für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Regelung vorgelegt. Der Entwurf folgt diesen: Demnach soll Erwachsenen die Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister künftig durch eine einfache Erklärung beim Standesamt möglich sein. Bislang muss darüber ein Gericht entscheiden. Zudem müssen zwei ärztliche Gutachten beigebracht werden, was von Betroffenen durch die intimen Befragungen als entwürdigend empfunden wird. Das geltende Transsexuellengesetz behandele Transsexuelle wie Kranke, sagte Buschmann im vergangenen Sommer. Dieses Gesetz soll nun abgeschafft und durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden.

Entwurf mit Klarstellungen

Der Entwurf enthält gegenüber den Eckpunkten einige Klarstellungen, die aus der Diskussion um die Regelung entstanden sind. Das betrifft etwa Quotenregelungen. Ändert ein Mitglied eines Gremiums, für das eine Quote gilt, nach der Berufung das Geschlecht, soll das keine Auswirkung auf die Einhaltung der Quotenvorgabe haben. Gelten soll das Geschlecht, dass zum Zeitpunkt der Berufung galt. Gesetzliche Frauenquoten gibt es etwa für die Aufsichtsräte großer börsennotierter Unternehmen.

Am Rande der Vorstellung des neuen Gesetzes demonstriert diese Gruppe für die Recht transsexueller Menschen
Am Rande der Vorstellung des neuen Gesetzes demonstriert diese Gruppe für die Recht transsexueller MenschenImago / Metodi Popow

In der Diskussion um den Zugang sensibler Bereiche, etwa Umkleiden, Saunen und Frauenhäusern stellt der Entwurf klar, dass wie bislang das Hausrecht gilt. Die Einrichtungen können also im Grundsatz selbst entscheiden, wer Zugang bekommt. Das Selbstbestimmungsgesetz werde keinen Anspruch auf Zugang vermitteln. Bei der Bewertung sportlicher Leistungen verweist der Entwurf auf die Zuständigkeit der Länder für den Schulunterricht und die Sportverbände für den Bereich von Vereins- und Wettkampfsport.

Werden die Pläne zum Gesetz, soll eine Geschlechtsänderung beim Standesamt künftig drei Monate nach der entsprechenden Erklärung wirksam werden. Ein erneuter Geschlechtswechsel ist dann ebenfalls möglich. Es gilt aber eine Sperrfrist von einem Jahr. Für Minderjährige bis 14 Jahren entscheiden die Eltern über den Geschlechtswechsel. Ältere Jugendliche entscheiden dem Entwurf zufolge selbst, brauchen aber die Zustimmung der Eltern. In Konfliktfällen soll ein Familiengericht entscheiden.

Monatelange Debatten

In den vergangenen Jahren hatten Verfahren nach dem Transsexuellengesetz deutlich zugenommen. Laut Statistik des Bundesamts für Justiz gab es 2021 mehr als 3.200 Verfahren, 2013 waren es gut 1.400, 2008 rund 900.

Der stellvertretende queerpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jan Plobner, erklärte, er freue sich, dass es mit dem Selbstbestimmungsgesetz nach monatelangen Debatten im Hintergrund endlich vorangehe und man sich bald im Parlament mit der Regelung befassen könne. Im Kern gehe es darum, „dass Menschen per Selbstauskunft vor dem Standesamt ihren Geschlechtseintrag ändern können – ganz ohne staatliche Diskriminierung“.