Endlos-Prozess gegen Rebellenkommandanten in Uganda

Es ist eine Entscheidung, auf die die Opfer der ugandischen LRA-Miliz lange warten mussten: Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat in Den Haag etwa 50.000 Geschädigten des verurteilten LRA-Kommandanten Dominic Ongwen Schadensersatz zugesprochen. Das könnte auch dem seit Jahren vor sich hin plätschernden Prozess gegen den Rebellenführer Thomas Kwoyelo in Uganda Aufschwung geben.

Mehr als 70 Anklagen liegen gegen Kwoyelo vor, darunter Mord, Vergewaltigung und Rekrutierung von Kindersoldaten. Seit 14 Jahren ist der ehemalige Befehlshaber der „Lord’s Resistance Army“ („Widerstandsarmee des Herrn“) mittlerweile in Haft, ohne verurteilt worden zu sein. Erst jetzt kommt so langsam ein Ende des Prozesses in Sicht.

Als erster und bislang einziger LRA-Kommandant muss sich Kwoyelo vor einem ugandischen Sondergericht verantworten. „Allen anderen Rebellen, die der LRA den Rücken gekehrt haben, wurde Amnestie gewährt“, sagt sein Anwalt Caleb Alaka. Das entsprechende Gesetz von 2000 sollte Kämpfer zur Niederlegung der Waffen ermutigen und die LRA mit friedlichen Mitteln schwächen.

Der Internationale Strafgerichtshof erließ Haftbefehle gegen die oberste Führungsriege, von der lediglich Ongwen der Prozess gemacht wurde, nachdem er sich 2015 gestellt hatte. Seine Opfer erhalten mit der jüngsten Entscheidung jeweils 750 Euro Entschädigung. LRA-Gründer und Anführer Joseph Kony ist weiter auf der Flucht, Vize-Chef Vincent Otti wurde im Auftrag Konys ermordet.

Kwoyelo wurde auf nationaler Ebene angeklagt, während andere LRA-Befehlshaber von ähnlichem Rang Amnestie erhielten. Es ist ein kontroverser Fall, der bis vors Oberste Gericht ging. Anwalt Alaka vermutet hinter der nicht gewährten Amnestie Kwoyelos die Weigerung, mit den ugandischen Behörden zu kooperieren. „Mein Mandant sagt, er habe sein Leben verloren. Denn als er entführt wurde, hat ihn niemand beschützt“, erklärt Alaka. „Er vertraut dem ugandischen Staat nicht.“

Im Alter von zwölf Jahren wurde Kwoyelo von der LRA auf dem Weg zur Schule verschleppt, zum Kindersoldaten ausgebildet und schließlich zum Kommandanten ernannt. Kony gründete die Rebellengruppe 1987 mit dem Ziel, eine christlich-fundamentalistische Regierung basierend auf den Zehn Geboten zu errichten. Rund 20 Jahre lang wütete die Miliz im Norden Ugandas, verbreitete Terror und missbrauchte systematisch Kinder als Soldaten und Sex-Sklavinnen.

Heute sei die Gruppe weitestgehend zersplittert, mit nur einigen Zellen in der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo, sagt Kristof Titeca von der Universität Antwerpen. Kontinuierlicher militärischer Druck und die Generalamnestie hätten dazu beigetragen, nach und nach die Schlagkraft der LRA zu reduzieren.

Kwoyelo wurde 2009 im Kongo festgenommen, mehr als 20 Jahre nach seiner Entführung. Umso größer sei die Symbolik der Gerichtsverhandlung in Gulu, wo sich die Hochburg der LRA befand, sagt Anwalt Alaka. Doch die große Komplexität sowie logistische Schwierigkeiten machten das Verfahren zu einem Endlosfall. „Ich denke aber, dass dieser Prozess als eine Möglichkeit der Wiedergutmachung angesehen wird, ganz gleich wie er ausgeht“, betont Alaka. „Denn erst, wenn es ein Urteil gibt, kann sich mit der Frage der Opfer dieser LRA-Zeit befasst werden.“

Um dies voranzutreiben, versuche die Verteidigung weitere Zeugen zu finden. „Eine Schwierigkeit ist aber, dass es kein richtiges Zeugenschutzprogramm gibt“, sagt Alaka. Die Sorge potenzieller Zeugen sei, dass sie sich durch Aussagen selbst belasten könnten.

Gedanken, die der Sozialarbeiter Walter Kidega verstehen kann. Er wurde als junger Mann ebenfalls von der LRA entführt und verbrachte fünf Jahre in ihren Rängen. Heute hilft er anderen ehemaligen Rebellen, wieder in ein geregeltes Leben zurückzufinden. Das Verfahren gegen Kwoyelo sei Thema unter den zurückgekehrten Ex-Rebellen, sagt er. Jedoch hege er die Sorge, dass im Falle eines Schuldspruchs verbliebene Kämpfer davon abgeschreckt werden könnten, zurückzukehren. Aber ob Schuldspruch oder nicht: Das Wichtigste sei der Frieden.