EKHN-Synode eröffnet mit Berichten von sexualisierter Gewalt

Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat am Donnerstagmorgen mit Berichten von sexualisierter Gewalt in der Kirche begonnen. „Wir sind offensichtlich nicht die Kirche, die wir sein wollen“, hieß es zur Eröffnung des Gottesdienstes in der Heilig-Geist-Kirche in Frankfurt am Main.

„Ein Trauma endet nicht mit der Tat, es beginnt erst dann“, wurde aus dem Bericht eines Betroffenen vorgetragen. „Noch Jahre später spüre ich die Folgen“: Schlaflosigkeit, Flashbacks (plötzliches Wiedererleben), Angst, Ohnmacht. „Die Schuld landete nicht beim Täter, sondern bei mir“: Das Umfeld habe das Opfer für die Übergriffe verantwortlich gemacht. „Wenn du auf den Täter hinweist, wirst du ausgegrenzt“, wurde die persönliche Erfahrung in der Kirche zitiert.

Matthias Schwarz, Mitglied der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, zitierte aus dem Briefwechsel eines Opfers mit einem Pfarrer, Jahrzehnte nach dessen sexuellen Übergriffen. Der Pfarrer habe geschrieben, er bitte um Entschuldigung, dass er den Penis des anderen berührt habe. Aber er verbitte sich Anschuldigungen zu seiner Amtsführung als Pfarrer, dies empfinde er als Beleidigung. Der Betroffene erwiderte, der Täter zeige keinerlei Unrechtsbewusstsein hinsichtlich seiner mehrfachen sexuellen Übergriffe gegenüber Minderjährigen.

Vor den knapp 100 anwesenden Synodalen sprach auch ein Betroffener selbst: „In meinem Körper und meiner Seele verjährt nichts.“ Der Täter, der ihn missbraucht habe, sei nie gestoppt worden, nie zur Verantwortung gezogen worden, nie vor Gericht gekommen. „Die Kirche hat ihn beschützt.“ Die Kirchensynode setzt sich im weiteren Verlauf in Arbeitsgruppen mit Betroffenen zusammen. Kirchenpräsident Volker Jung geht in seinem Bericht ausführlich auf das Thema ein.

Im vergangenen Januar wurde die ForuM-Studie veröffentlicht. Sie zeigt für die Zeit von 1945 bis 2020 in der Evangelischen Kirche in Deutschland insgesamt 1.259 des Missbrauchs Beschuldigte und 2.225 Missbrauchsfälle bei einer hohen Dunkelziffer.