EKD-Auslandsbischöfin moniert Abstimmungsverfahren

Es gibt weiter Kritik für die lettische Synode nach der Abschaffung der Frauenordination. Jetzt bemängelt die EKD-Auslandsbischöfin die Bewertung der Enthaltungen.

Petra Bosse-Huber, die Auslandsbischöfin der EKD
Petra Bosse-Huber, die Auslandsbischöfin der EKDNorbert Neetz / epd

Hannover. Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, hat mit Unverständnis auf die Abschaffung der Frauenordination in Lettland reagiert. Zwar sei der Beschluss der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland vom 3. Juni, ein Verbot der Frauenordination in der Verfassung festzuschreiben, als Entscheidung dieser Kirche zu respektieren, erklärt die Vizepräsidentin des EKD-Kirchenamtes: "Gleichzeitig bin ich bestürzt darüber, dass eine Kirche, die Frauen ordiniert hat, dies wieder zurücknimmt."
Bosse-Huber übte Kritik am Abstimmungsverfahren: "Anzumerken ist, dass die für eine Verfassungsänderung notwendige Dreiviertelmehrheit in der Synode nur dadurch zustande kam, dass die Enthaltungen nicht als abgegebene Stimmen berücksichtigt wurden, sondern bei der Berechnung der 75 Prozent herausgenommen wurden." Die EKD-Auslandsbischöfin erinnerte zudem daran, dass die Lettische Evangelisch-Lutherische Kirche im Ausland, die im Mai eine Propstei auf dem Gebiet Lettlands gegründet hatte, Frauen ordiniert und von einer Erzbischöfin geleitet wird.

So interpretiert die EKD den Apostel Paulus

Dass Frauen in das geistliche Amt ordiniert werden und als Pastorinnen wirken, sei heutzutage in allen Kirchen der EKD Normalität, fügte Bosse-Huber hinzu: "Dafür gibt es gute biblische Gründe in Treue zum Evangelium. Die einende Mitte der Bibel ist Gottes heilvolle Zuwendung zu allen Menschen in Jesus Christus. Von dieser Mitte der Schrift her sind die biblischen Aussagen zum Verhältnis von Mann und Frau zu verstehen." Wenn der Apostel Paulus das Schweigen oder die Unterordnung von Frauen fordere, seien das durchweg Passagen, "in denen er aufgrund von Missverständnissen oder Konflikten aktuelle Fragen der Ordnung regeln will".
Allerdings dürfe nicht vergessen werden, dass sich "die heutige Selbstverständlichkeit der Frauenordination in den EKD-Kirchen erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mit zähem und intensivem Diskutieren durchgesetzt" habe, räumte Bosse-Huber ein.
Auch der Lutherische Weltbund (LWB) hat mit Bedauern auf die Abschaffung der Frauenordination in Lettland reagiert. Es sei traurig, dass die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands sich von der Frauenordination verabschiede, hieß es. Auch bei den Lutheranern in Deutschland und der bundesweiten Organisation der Evangelischen Frauen stieß die Entscheidung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands auf Protest.

"Theologisch unhaltbar"

Die bundesweite Organisation der Evangelischen Frauen in Deutschland reagierte mit scharfer Kritik auf die Abschaffung der Frauenordination in Lettland. "Wir sind entsetzt über diese Entscheidung, die aus unserer Sicht theologisch unhaltbar ist", teilte die Vorsitzende Susanne Kahl-Passoth in Hannover mit. Zu dem Dachverband gehören 38 Mitgliedsorganisationen mit rund drei Millionen Mitgliedern.
Der Verein der evangelischen Frauen hob hervor, dass das Priestertum aller Getauften der Kern der reformatorischen Botschaft sei. Auch die Geschlechtergerechtigkeit gehöre dazu. Die gleichberechtigte Ordination von Frauen und Männern sei ein nicht aufgebbarer Bestandteil dieser Botschaft.
Die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands hatte am Freitag in Riga mit einer Dreiviertel-Mehrheit die Abschaffung der Frauenordination beschlossen. Diese war dort vor vier Jahrzehnten eingeführt, aber schon seit 1993 in dem baltischen Land nicht mehr praktiziert worden. (epd)