Eizellspende und Leihmutterschaft auf dem Prüfstand

Eine Expertenkommission spricht sich für eine liberalere Reproduktionsmedizin aus. Die ethischen und rechtlichen Denkvoraussetzungen dafür sind allerdings nicht unumstritten.

Am Montag will eine von der Ampel-Regierung eingesetzte Kommission zur „reproduktiven Selbstbestimmung“ offiziell ihre Ergebnisse vorstellen. Hinter dem technischen Begriff verbergen sich gesellschaftspolitisch brisante Fragen und Grundannahmen. Neben der Streichung des Abtreibungsparagrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch befasste sich ein Teil der Kommission mit einer möglichen Legalisierung der Eizellspende und der uneigennützigen Leihmutterschaft. Laut dem bereits bekannt gewordenen Kurzbericht aus der 600-Seiten-Studie sieht das Gremium „Raum für Neuregelungen“.

Wie auf kaum einem anderen Gebiet überschneiden sich hier medizinische, ethische, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte. Denn es geht um den Menschen selbst, um sein Lebensrecht, um Mutterschaft und Kinderwünsche, aber auch um Wissenschaftsinteressen und nicht zuletzt um das einträgliche Geschäft der Reproduktionsmedizin. Im Gegensatz zur Samenspende verbietet das Embryonenschutzgesetz (ESchG) bisher sowohl die Eizellspende als auch die Leihmutterschaft. Damit will der Gesetzgeber zum Wohl des Kindes nicht zuletzt eine „gespaltene Mutterschaft“ verhindern, bei der die genetische und die das Kind austragende Mutter nicht identisch sind.

Die Kommission empfiehlt dem Gesetzgeber nun, die Eizellspende zu erlauben, sofern der notwendige „Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet“ sind. Zum Verbot im ESchG heißt es lediglich, dass die Sorge vor einer gespaltenen Mutterschaft „heute als überholt und nicht mehr überzeugend gelten“ müsse. Einige Seiten zuvor wird allerdings eingeräumt, dass es kaum Daten gibt, lediglich zwei britische „Längsschnittprojekte“ mit „vergleichsweise kleiner Teilnehmerzahl“.

Die Fachleute verweisen auch auf die medizinischen Risiken der hormonellen Stimulationstherapie, der Entnahme von Eizellen sowie der Schwangerschaft – wobei auch hier die Datenlage offenbar unzulänglich ist. Mehrlingsschwangerschaften seien zu vermieden heißt es. Dabei wird das Verbot der Übertragung von nur einem der befruchteten Embryos aber nicht thematisiert. Mit Blick auf Erfahrungen im Ausland merkt die Studie kritisch an, dass „attraktive Vergütung und ein Wohlstandsgefälle im Land zusammenkommen müssen, damit sich genügend junge Frauen bereitfinden, Eizellen zu spenden“.

Diese Aspekte verschärfen sich bei der Leihmutterschaft, besonders wenn sie mit einer Eizellspende verbunden ist. Mit Blick auf die psychosozialen Folgen kann sich die Studie wiederum nur auf „geringe Fallzahlen“ und „kleine Stichproben“ stützen. Erwähnt werden mögliche Belastungen bei der Übergabe des Kindes und der Akzeptanz durch die „Wunscheltern“. Zugleich sehen die Autoren die Gefahr, dass das Kind zur Handelsware wird und fordern eine „Abgrenzung der Leihmutterschaft zum Kinderhandel“. Die globale Praxis berge „erhebliche Gefährdungspotenziale“, nicht zuletzt wenn die Übergabe des Kindes an bestimmte Qualitätsmerkmale wie das Geschlecht oder das Fehlen einer Behinderung geknüpft werde.

Wirtschaftliche Motive bei Eizellspenderinnen und Leihmüttern sind für die Experten aber „nicht zwingend ethisch oder rechtlich problematisch“. Ein verfassungsrechtliches Verbot sehen sie jedenfalls nicht geboten: „Die Leihmutterschaft verletzt nicht in jedem Fall die Würde der Leihmutter oder des von ihr geborenen Kindes“.

Statt dessen kritisieren die Fachleute „rein ehe- und paarbezogene“ Ansätze, da sie „überholten“ traditionellen Familienkonzepten verhaftet blieben. Zugleich sprechen sie sich für einen „diskriminierungsfreien Zugang“ zu reproduktionsmedizinischen Verfahren aus. Die „Realisierung des Kinderwunsches mit fortpflanzungsmedizinischer Hilfe“ ist aus ihrer Sicht „Bestandteil eines guten gelingende Lebens“. In diesem Zusammenhang werden besonders „queere Lebensformen“ und gleichgeschlechtliche Paare erwähnt.

Dennoch sieht die Kommission angesichts des Missbrauchspotenzials auch bei der „altruistischen Leihmutterschaft“ ohne finanzielle Gegenleistung Ermessensgründe, am Verbot festzuhalten. Andernfalls müsse der Gesetzgeber die Selbstbestimmung der Leihmutter, die Vermeidung gesundheitlicher Risiken und eine Aufwandsentschädigung sicherstellen. Außerdem sollte die Leihmutter in einer kurzen Frist nach der Geburt entgegen der getroffenen Elternschaftsvereinbarung die Möglichkeit bekommen, „das Kind zu behalten“.

Zumindest hier klingt noch der Grund für das derzeitige Verbot der Leihmutterschaft an: dass sie nämlich die Mutterschaft instrumentalisiert – wie dies schon der Begriff des Leihens verdeutlicht – und das Kind zum Vertragsgenstand macht. Unter dem Leitgedanken der „reproduktiven Selbstbestimmung“ geht die Kurzfassung des Berichts von bestimmten ethischen und rechtlichen Grundannahmen aus, die durchaus umstritten sind. Ob sie in der 600-Seiten-Langfassung genauer begründet werden, wird sich bei der Vorstellung am Montag zeigen.