Einsatz für Migranten – Kirchen im Visier von Republikanern

US-Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen geraten wegen ihres Einsatzes für Migranten zunehmend unter Druck republikanisch geführter Kommunen. Die Catholic Charities klagt über massive Bedrohungen gegen Mitarbeitende.

Zu Thanksgiving fiel die traditionelle Truthahn-Aktion für die Armen aus. Vor Weihnachten sagte Pfarrer Jose Manuel Castro dann auch die Spielzeugsammlung für Migrantenkinder ab. Und im März stoppte der Pastor der Gethsemani Baptist Church von San Luis im US-Bundesstaat Arizona dann die gesamte Armenspeisung seiner Kirche.

Mit der Zwangspause des seit einem Vierteljahrhundert bestehenden Hilfsprojekts zog die Baptisten-Gemeinde Konsequenzen aus Schikanen der republikanischen Stadtregierung unweit der Grenze zu Mexiko. Der war das karitative Engagement Castros für die Armen und Migranten schon lange ein Dorn im Auge. Kurzerhand stuften die Behörden die Aktivitäten der Kirche als kommerzielles Geschäft ein und verhängten Bußgelder. Die Kirche sei in einem Wohngebiet aktiv und verstoße mit dem Be- und Entladen von Fahrzeugen vor der Kirche sowie der Verteilung von Lebensmitteln gegen Vorschriften.

Hunderte Familien leben von den Tafeln der Gemeinde, die nur fünf Kilometer von der mexikanischen Grenze entfernt liegt. „Wir sind die ersten, die den Menschen eine Flasche Wasser reichen“, sagt Pfarrer Castro einem Reporter des Radiosenders NPR. „Essensausgabe ist der Weg, den unsere Kirche nutzt, Menschen zu helfen und die Botschaft der Liebe Gottes weiterzugeben.“

Aufgeben will die Gemeinde auf keinen Fall. Im März erhob die Kirche vor einem Bundesgericht in Arizona Klage gegen den republikanischen Bürgermeister und weitere Kommunalbeamte. Die Stadt behindere tätige Nächstenliebe und verstoße damit gegen die Religionsfreiheit, heißt es in der Klage. Das lasse sich unter anderem daran ablesen, dass Lkws von Spediteuren, Abschleppdiensten oder anderen eindeutig kommerziellen Unternehmen ohne Probleme in den Wohngebieten aktiv seien.

Rechtlich vertreten wird die Baptisten-Gemeinde durch das First Liberty Institute. Die gemeinnützige Organisation konzentriert sich auf Rechtsstreitigkeiten um die Verteidigung der im ersten Verfassungszusatz garantierten Religionsfreiheit.

Die Schikanen gegen Gethsemani sind kein Einzelfall. In den vergangenen Monaten häuften sich Vorfälle gegenüber christlichen Wohltätigkeitsorganisationen im ganzen Land, bei denen Helfer bedroht oder verbal verunglimpft wurden, auch von Regional- und Lokalpolitikern. Betroffene berichten, es sei oft blanker Hass, der ihnen wegen ihres Einsatzes für Asylsuchende entgegenschlage.

Angeheizt wird die Stimmung durch Influencer wie Stew Peters, der kürzlich die größte katholische Hilfsorganisation Catholic Charities beschuldigte, Migranten Anleitungen zu geben, wie sie ohne gültige Papiere in die USA gelangen könnten. In den Sozialen Netzwerken forderte der Rechtsaußen-Aktivist, Grenzschützer sollten Personen erschießen, die versuchten, illegal ins Land einzudringen. Er fügte hinzu: „Aber wissen Sie, was ein besserer zweiter Schritt wäre? Alle zu erschießen, die mit diesen Fake-Wohltätigkeitsorganisationen zu tun haben.“

Der Leiter der Catholic Charities von San Diego, Appaswamy Pajanor, berichtet von täglichem Telefonterror gegen Mitarbeiter. Er habe noch nie ein solches Ausmaß an Feindseligkeit erlebt. Rechte Medien, Verschwörungstheoretiker und sogar Kongressabgeordnete beteiligten sich an einer Hetze, die in dem Vorwurf gipfele, gelebte Nächstenliebe fördere illegale Einwanderung.

Zuletzt hinderte ein Richter der texanischen Grenzstadt El Paso den Justizminister von Texas daran, das sogenannte Announciation House (Haus der Verkündigung) zu schließen. Seit einem halben Jahrhundert hat die vom Katholiken Ruben Garcia gegründete Institution rund einer halben Million Migranten geholfen. Der zuständige Ortsbischof Mark Seitz verwahrt sich gegen die Kriminalisierung der wohltätigen Arbeit. Die Kirche werde sich nicht einschüchtern lassen; es gehe dabei nicht um Politik, sondern um die Frohe Botschaft.

So sieht es auch Pfarrer Castro, der mit seiner Gethsemani-Gemeinde möglichst schnell wieder tätig werden will. „Ich hoffe und bete und warte darauf, dass die Stadt ihre Meinung ändert“, sagt er; denn die Not sei groß. Es vergehe kein Tag, an dem er in der 35.000-Einwohner-Stadt San Luis nicht gefragt werde, wann die Lebensmittelausgabe wieder starte.