Vor 125 Jahren starb der märkische Dichter Theodor Fontane

Von den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ bis zu „John Maynard“: Theodor Fontane hat die deutsche Literatur geprägt. Vor 125 Jahren ist der Schriftsteller und Dichter in Berlin gestorben.

Theodor Fontane Denkmal von Max Wiese (1846-1925) in Neuruppin
Theodor Fontane Denkmal von Max Wiese (1846-1925) in Neuruppinepd-Bild / Rolf Zoellner

20. September 1898, Dienstag. „Nach den gewöhnlichen literarischen Arbeiten unternimmt F einen Spaziergang“, vermerkt das Potsdamer Theodor-Fontane-Archiv knapp in seiner Chronik über den märkischen Dichter: „Nach dem Mittagessen – es gibt Kartoffelsuppe, Kartoffeln mit Petersilie, Hammelrippchen und Milchgrieß – beim Kaffee Besuch von Friedrich Fontane.“ Nach dem Besuch des Sohns später noch Plaudereien mit der Tochter, und dann: „Gegen 9 Uhr abends stirbt Theodor Fontane.“ Mit 79 Jahren und unerwartet.

Der erste Nachruf auf den hoch angesehenen Schriftsteller erscheint bereits am nächsten Tag in der Vossischen Zeitung, in derselben Ausgabe, in der die Ehefrau Emilie Fontane den Tod ihres Mannes in Berlin bekannt gibt. „Ruhig, friedlich und milde wie sein Wesen und Charakter war der Tod Theodor Fontanes“, heißt es dort: „Mitten unter Plänen und Entwürfen ist er gestorben, mitten im Ausleben all der Fähigkeiten und Strebungen, die seinen nie rastenden Geist bewegten.“

Fontanes Tod schlug große Wellen

Fontane sei damals einer der bekanntesten Schriftsteller Berlins und im Deutschen Reich gewesen, fasst die Literaturwissenschaftlerin Anna Busch zusammen, die derzeit das Fontane-Archiv leitet: „Entsprechend groß war das Presseecho.“ Nahezu alle deutschen Tageszeitungen, aber auch die Londoner Times und das Pariser Journal des Débats hätten von seinem Ableben berichtet, erzählt der Vorsitzende der Fontane-Gesellschaft, Iwan-Michelangelo D’Aprile.

Ausführliche, auch persönlich betroffene Nachrufe seien über die politischen Fraktionen hinweg erschienen, betont der Professor an der Universität Potsdam: „Von der reaktionären Kreuzzeitung, die den Altpreußen hervorhob, über die liberale Vossische, die ihren langjährigen Theaterkritiker würdigte, bis zum sozialdemokratischen Vorwärts, der von einem Freund und Genossen Abschied nahm.“

Eine „wohlabgewogene literaturhistorische Würdigung“ sei ihm in diesem Augenblick noch nicht möglich, schreibt merklich ergriffen der deutsch-jüdische Schriftsteller und Sprachphilosoph Fritz Mauthner in einem Nachruf: „Den gegenwärtigen Augenblick scharf zu erfassen, unbekümmert um alle abstrakten Theorien, im Leben wie in der Kunst das Wirkliche und nur das Wirkliche zu schauen und es dichterisch zu erobern, das war seine Stärke, ein Gemisch von Klugheit und Tapferkeit.“

Fontane kam in Neuruppin als Apothekersohn zur Welt

Fontane, der am 30. Dezember 1819 als Apothekersohn hugenottischer Abstammung in Neuruppin zur Welt kam, entschloss sich nach Stationen als Apotheker, Journalist, Kriegsreporter und Reise-Autor erst 1876, als freier Schriftsteller zu arbeiten. In den letzten 22 Jahren seines Lebens verfasste er die Werke, die ihn berühmt machten wie den Roman „Irrungen und Wirrungen“ von 1887, „Effi Briest“ von 1894 und die späten Teile der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.

Das Geburtshaus Fontanes mit der Löwen-Apotheke in Neuruppin
Das Geburtshaus Fontanes mit der Löwen-Apotheke in Neuruppinepd-bild / Rolf Zoellner

„Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass Fontane erst im hohen Alter von rund 70 Jahren als Literat überhaupt überregionale Aufmerksamkeit gefunden hat“, sagt D’Aprile. Wie kein anderer Autor sei er damals zugleich den rund 40 Jahre jüngeren neuen Stars der Literatur- und Theaterszene wie Gerhart Hauptmann und Alfred Kerr als anschlussfähig erschienen. Auch für die mehr als 50 Jahre jüngeren Brüder Heinrich und Thomas Mann seien Fontanes Romane zum Modell geworden.

Fontanes letzter Roman liest sich wie sein Testament

„Er war integriert in literarische Netzwerke und Gesellschaften, Zeitschriften und Verlage nahmen seine Werke und Schriften auf“, betont Anna Busch. Fontane sei unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit beigesetzt worden. Kränze zur Bestattung am 24. September 1898 kamen von Kaiser Wilhelm II., der Stadt Neuruppin, dem Touristenclub der Mark Brandenburg und vielen anderen.

„Die Trauerrede hielt mein Ur-Urgroßvater, der hugenottische Gemeindepastor Eugène Devaranne“, erzählt D’Aprile. Eine Zeitung habe danach geschrieben, dass wohl selten ein geistlicher Redner so warm und eingehend über einen Dichter und Journalisten gesprochen habe. „Und das, obwohl Fontane alles andere als ein regelmäßiger Kirchgänger gewesen ist“, betont der Wissenschaftler.

Fontanes letzter Roman „Der Stechlin“ wird kurz nach seinem Tod als Buch veröffentlicht. Das Werk sei zwar kein „Leihbibliotheksfutter“, aber „ein Fontane ersten Ranges“ und „nicht mehr und nicht weniger“ als sein Testament, schreibt Fritz Mauthner in einer der zahlreichen Rezensionen über den Stechlin: „Am Ende haben wir gar etwas wie den Abschluss seiner Selbstbiographie vor uns.“