Ein Stück Kloster im Alltag

Sebastian Steinbach ist evangelischer Pfarrer in Hirsau (Kreis Calw) im Nordschwarzwald. Er wohnt direkt im Kloster Hirsau, das eine Benediktinerabtei war und zeitweise sogar eines der bedeutendsten Klöster Deutschlands. Von dieser Tradition des Klosters hat er sich inspirieren lassen: „Ich erlebe meinen Alltag – und ich denke, so geht es sicherlich auch anderen – als unglaublich laut und schnell“, sagt er. Deshalb habe er eine große Sehnsucht, Ruhepausen in den Alltag einzubauen. „Hinauszutreten aus dem reißendem ‘Immer-Weiter’ des Tages und kurzes Innehalten, mich Ausrichten auf Gott und dann wieder Eintreten in den Tag.“

Aus dieser Sehnsucht wurden konkrete Gebete, Gedanken und Liturgien, die er in dem Podcast mit dem Titel „Lebensliturgien“ verarbeitet hat, der seit 2021 und in der bereits siebten Staffel läuft, und rund 2.000 regelmäßige Hörer hat. Seit Kurzem sind Kern-Gedanken und wesentliche Auszüge aus den Staffeln auch in Buchform erhältlich, das der Adeo-Verlag (Aßlar) veröffentlicht hat.

Darin geht es unter anderem darum, wie man eigentlich beten soll, es wird in das biblische Buch der Psalmen eingetaucht und die Mystikerin Teresa von Ávila (1515-1582) vorgestellt. Von ihr kommen zum Beispiel folgende Worte: „Nichts soll dich verwirren, nichts dich erschrecken. Alles vergeht, Gott aber ändert sich nicht. Gott allein genügt. Wer ihn hat, dem wird nichts fehlen.“

Unter den „Lebensliturgien“ finden sich auch sogenannte Tagzeitengebete: kleine Meditationen für den Morgen, Mittag und Abend. „Das Spannende bei den Mönchen ist, dass sie auch ganz normal arbeiten, aber wenn die Gebetsglocke läutet, lassen sie alles stehen und liegen und eilen zum gemeinsamen Gebet – und diese Grundidee der heilsamen Unterbrechung des Alltages können wir vom Kloster lernen.“

Und wer statt dem Lesen eines Buches oder dem Hören eines Podcasts tatsächliche Klosterluft schnuppern möchte, für den gibt es vom 20. bis 23. Juni die „KlosterZeit“ in Hirsau. „Vier Tage und Nächte lang warten in der Marienkapelle und um sie herum eine Vielzahl von Gebetsstationen, es gibt eine Ausstellung von meditativen Bildern und Texten, und nachts ist das Kloster in Farbe und Licht getaucht“, erklärt Pfarrer Sebastian Steinbach seine „Lieblingszeit“ im klösterlichen Gemäuer. Ziel sei, dass Menschen, wann sie wollen in das Kloster kommen können, um dort vor Gott zur Ruhe zu kommen. Und sei es auch mitten in der Nacht. (1335/16.06.2024)