Ein Käfer stört den ewigen Frieden

Die 750 Jahre alte Kirche von Probsteierhagen bei Kiel ist in Not. Die Larven des Bunten Nagekäfers greifen antike Sarkophage an. Jetzt wird die Gemeinde aktiv.

Der Vorsitzende des Vereins zum Kirchenerhalt Horst Perry (l.) und Pastor Christoph Thoböll in der Grabkapelle der St.-Katharinen-Kirche
Der Vorsitzende des Vereins zum Kirchenerhalt Horst Perry (l.) und Pastor Christoph Thoböll in der Grabkapelle der St.-Katharinen-KircheKay-Christian Heine

Probsteierhagen. Es wird schaurig, wenn Pastor Thoböll mit einem Schlüssel imposanter Größe die schwere, vom Altarraum nördlich in die sogenannte „Fürstengruft“ führende Tür entriegelt und sie beinahe lautlos aufschwingen lässt: In kühler, feuchter Luft lagern hier 23 aus Holz, Zink und Stein gearbeitete Sarkophage. Aufgestapelt in zwei einander gegenüber liegenden Reihen, bergen die teils farbig verzierten und künstlerisch gestalteten Särge die sterblichen Überreste einiger Generationen der Adelsfamilie Blome.
Seit Hinrich von Blome im Jahr 1646 die Gutserbin Lucia Pogwisch heiratete, waren die Blomes Herren auf dem in Sichtweite zur Kirche gelegenen Gut Hagen. „Mit der Hochzeit ging das Eigentum an dem Gut nach rund 200 Jahren von den Pogwischen auf die Blomes über“, erklärt Horst Perry die Folge der Vermählung. Er ist Vorsitzender des Fördervereins für den Kirchenerhalt und in Probsteierhagen der Dorf- und Kirchenchronist. „Viele Blomes haben klug geheiratet“, fügt er ein wenig schelmisch hinzu. Bei der Einheirat Hinrichs in die Familie Pogwisch mag es also nicht nur um Liebe gegangen sein.

"Kulturhistorischer Schatz"

Um das Jahr 1710 haben Hinrichs und Lucias Sohn Wulf Blome die Grabkapelle anbauen lassen, weiß Perry aus vielen Recherchestunden in Kirchenbüchern und Archiven. „Weil die kleinere, viel ältere, unter dem Kirchenschiff gelegene Gruft der Pogwischen voll war“, sagt er. Wulf Blome war seinerzeit Probst des Klosters Preetz. „Ein weltliches Amt“ im klösterlichen Betrieb sei das gewesen, erläutert Thoböll, „etwa wie ein Geschäftsführer.“ Als seine Ehefrau Magdalena 1717 starb, ließ Wulf Blome sie als erste in der Grabkapelle bestatten. Ihr Sarg steht heute an der Nordwand der Gruft unter einem der Fenster. Zuletzt wurde hier der 1926 auf dem benachbarten Gut Salzau verstorbene Karl Otto Arnold Graf von Blome bestattet.
Für Thoböll und Perry sind die Sarkophage in der Grabkapelle ein „kulturhistorischer Schatz“, den es zu bewahren gelte. Ein dafür zu lösendes Problem sei die hohe Luftfeuchtigkeit in der Grabkapelle, sagt Thoböll. Denn, so die biologische Tatsache: Der Nagekäfer mag Feuchtigkeit und mit Pilzen befallenes Holz. Zwar bilde das Holz nur die äußere Hülle um einen inneren Zink- oder Bleisarg, erklärt Thoböll. Das aber mache der Käfer bei feuchtem Raumklima über kurz oder lang kaputt.

Sarg kurz vor Zerfall

Um die Raumluft in der Grabkapelle zu trocknen, wolle man den außen anstehenden Boden um etwa zehn bis 20 Zentimeter „bis unter die Oberkante des Granitfundaments“ abtragen. Das, so Thoböll, tue zwar dem Holz der Särge gut und verleide dem Nagekäfer das Klima. Aber besonders der geschichtlich bedeutsame Sarg des 1814 verstorbenen letzten Hagener Gutsherren Christoph Blome sei schon stark befallen. „Ein von der Kirchengemeinde gutachterlich beauftragter Biologe befürchtet die baldige Zerstörung des Sargs“, sagt Thoböll und deutet mit dem Finger auf mehlige Häufchen darunter – es sind Fraßspuren des Käfers. Der Ausweg sei, alle Holzsärge thermisch oder mit Gas gegen den Schädling zu behandeln.
Angesichts der teuren übrigen Kirchensanierungen könne sich die Gemeinde die Arbeiten an der Grabkapelle allerdings nicht leisten, sagt Thoböll. Deshalb habe er sich Hilfe suchend an Kirchenkreis, Landeskirche und Denkmalpflege gewandt. „Die Briefe sind geschrieben“, sagt er. Eine Antwort stehe noch aus.