Ein Bischof wird zum Lehrer

Warum lässt Gott das Elend dieser Welt zu? Diese und andere Fragen musste Bischof Tilman Jeremias beantworten – bei einem Besuch in einer Schule in Malchow.

Bischof Tilman Jeremias im Unterricht mit Zwölfklässlern in der Fleesenseeschule in Malchow
Bischof Tilman Jeremias im Unterricht mit Zwölfklässlern in der Fleesenseeschule in MalchowHans-Joachim Kohl

Malchow. Dass ein evangelischer Bischof eine staatliche Schule besucht, kommt in Mecklenburg-Vorpommern eher selten vor. Tilman Jeremias, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, konnte jetzt der Einladung der Fleesenseeschule in Malchow aus der Zeit vor dem Corona- Höhepunkt nachkommen.

Zwei Schulstunden erzählte Tilman Jeremias aus dem Alltag der Kirchenkreise Pommern und Mecklenburg sowie von seiner Arbeit als Bischof. Viel Zeit gab es für die Fragen der Schüler. „Ich konnte bei den Fragen aber den Unterschied überhaupt nicht feststellen“, erzählt Bischof Tilman Jeremias, „ist es ein Religionsschüler oder ein Philosophieschüler. Sie haben letztlich für mich die entscheidenden Glaubensfragen gestellt, mit denen ich auch unterwegs bin und alle Menschen, die religiös sind, würde ich sagen. Sie waren wirklich sehr interessiert und sehr konzentriert am Thema“.

Fragen über Fragen

Fragen waren zum Beispiel: Wie kann Gott den Krieg in der Ukraine und das Elend auf der Welt zulassen? Auch der sexuelle Missbrauch von Kindern in der Kirche war ein Thema.

Ein Schüler fragte, warum die Kirche so wenig Werbung mache. Da musste Tilman Jeremias schmunzeln: „Fand ich eine schöne Aussage, weil wir in der Tat vielleicht manchmal zu zurückhaltend sind. Das wird mir auch an anderen Stellen gespiegelt: ‚Ihr seid eigentlich ein wichtiger Player, gerade auf dem Land, und man hört von euch viel zu wenig.‘ Also wir dürfen uns auch immer mal wieder ins Gedächtnis bringen, das glaub ich schon“.

Offen und kritisch

Die Fragen – auch mit religiösem Hintergrund – der Schülerinnen und Schüler beeindruckten auch die Leiterin der Fleesenseeschule, Heike Cordes: „Die Schüler waren sehr offen, sehr kritisch, sehr interessiert an den Themen.“

Die positiven Erfahrungen mit den Schülern der staatlichen Fleesenseeschule und die Berichte von Religionslehrer Karsten Schur veranlassen den Bischof, Kirchenmitarbeiter zu ermutigen: „Ich finde, Schule ist ein Bereich, den wir uns als Kirche noch viel mehr erschließen könnten aus meiner Sicht. Wir haben gute Kooperationen an vielen Stellen. Wir haben die Tage ethischer Orientierung, die gemeinsam laufen. Das, finde ich, ist ein sehr schönes Modell. Ich würde mir noch mehr Mut wünschen von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen, aber auch Pastorinnen und Pastoren, auf Schulen zuzugehen, zu überlegen, was es für Projekte geben könnte.“

Großer Beifall

Kirchliche Würdenträger an die Fleesenseeschule einzuladen, hat schon Tradition: Neben anderen waren Militärseelsorger Friedrich von Kymmel und der ehemalige Bischof Andreas von Maltzahn dort. Schulleiterin Heike Cordes sagt warum: „Weil ich denke, dass die Schüler ihren Horizont erweitern können. Wenn sie mit kirchlichen Würdenträgern Kontakt haben, können sie das im schulischen Kontext erworbene Wissen anwenden, hinterfragen und ausbauen.“

Vorbereitet wurden die Schülerinnen und Schüler des Religions- und des Philosophiekurses der 12. Klasse von der Philosophielehrerin Tina Nehls und vom Religionslehrer Karsten Schur, der auch Pastor in der Kirchengemeinde Jabel ist.

Insgesamt kam der Besuch von Bischof Tilman Jeremias in der Fleesenseeschule Malchow gut an. Davon zeugte der große Beifall am Ende der Schulstunden. Auch Schulleiterin Heike Cordes war sehr zufrieden: „Es war eine sehr erfrischende Begegnung. Er konnte gut auf Alltagssorgen oder -nöte eingehen, aber eben auch auf religiöse Fragen oder andere tiefergehende Themen.“