Ehrenamtlicher Senioren-Einsatz gefragt – aber Förderung schrumpft
Der Staat spart – und das tut er auch bei der Entwicklungshilfe. Die Ehrenamtsorganisation Senior Expert Service versucht daher nun, auch kommerziell Fuß zu fassen.
Die Ehrenamtsorganisation Senior Expert Service (SES) mit Sitz in Bonn muss künftig mit deutlich weniger Fördermitteln auskommen. Wie die SES-Geschäftsführerin Marion Sodemann im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärte, erhält die Organisation vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aktuell 6,75 Millionen Euro pro Jahr nach 11 Millionen Euro in den Jahren vor Corona. “Das hat weh getan, aber wir haben unseren Frieden mit der Situation geschlossen, dass sich die Mittel auf diesem Niveau stabilisieren werden”, sagt Sodemann, die seit dem 1. August Chefin des SES ist. Zuvor war sie stellvertretende Geschäftsführerin.
Der Senior Expert Service ist nach eigenen Angaben die größte deutsche Ehrenamtsorganisation für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand oder in einer beruflichen Auszeit. Sie werden in ärmere Länder entsendet, um ihr Know-how dort einzusetzen. “Die Kürzung hat unser Auslandsentsendeprogramm getroffen”, berichtet Sodemann. Schickte der SES 2019 noch mehr als 2.200 Experten und Expertinnen zu Einsätzen, waren es 2023 nur knapp 800. Das hänge zwar auch mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie zusammen sowie mit verschiedenen kriegerischen Konflikten, aber vor allem mit den von der Bundesregierung beschlossenen Haushaltskürzungen. “Deswegen ist unser Vor-Corona-Volumen nicht haltbar”, erklärt die Geschäftsführerin.
So trennte sich die Organisation laut Geschäftsführung von rund einem Dutzend Mitarbeitenden. “Das war ein sehr schmerzhafter Prozess, aber er ließ sich nicht vermeiden. Wir sind von rund 2.000 auf 800 Einsätze im Jahr geschrumpft, hatten also objektiv weniger zu tun”, sagt Sodemann. Aktuell sind am Bonner Hauptsitz demnach 92 hauptamtliche Mitarbeitende beschäftigt. Ehrenamtlich arbeiten mehr als 13.600 Senior-Experten für die Organisation.
Der Senior Expert Service will nun seinen Eigenanteil an der Finanzierung über die Jahre kontinuierlich steigern, denn: “Wir haben erkannt, dass öffentliche Mittel keine verlässliche Dauerquelle mehr sind. Wir brauchen andere Finanzquellen.” Der SES baue aktuell einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf, um sich krisenfester aufzustellen. “Unter anderem sehen wir großes Potenzial darin, Fachkräfte aus dem Ausland zu begleiten und ein entsprechendes Mentoring-Programm aufzubauen”, so Sodemann.
Bei der Restrukturierung der Organisation hat diese ebenfalls auf Beratung durch Experten aus den eigenen Reihen von Ehrenamtlichen gesetzt. Sodemann: “Es war natürlich ein Geschenk, dass wir solch ein Asset hatten. Das war sehr hilfreich beim Aufbau der neuen Geschäftszweige.”