Man braucht nicht viel, wenn man ein offenes Ohr für die Nöte anderer Menschen hat. Einen Schreibtisch, einen Computer und ein Telefon. Das ist die Ausstattung, mit denen die zwölf Absolventinnen und Absolventen des vergangenen Ausbildungskurses der ökumenischen Telefonseelsorge Pfalz in Kaiserslautern arbeiten. Sie kommen aus der ganzen Pfalz und haben sich eineinhalb Jahre für ihr verantwortungsvolles Ehrenamt vorbereitet. Seit kurzem führen sie in einem 90-köpfigen Team Beratungs- und Seelsorgegespräche im Schichtdienst: Rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr.
„Ich wollte mich sozial engagieren, neue Erfahrungen machen und mich auch selbst weiterentwickeln“, nennt ein 70-jähriger ehemaliger Chemiker aus Altleiningen die Gründe, weshalb er sich für den Ausbildungskurs zum Telefonseelsorger bewarb. „Nur Urlaub und Garten ist mir zu wenig“, sagt der Rentner. Nun versucht er in seinem regelmäßigen Dienst bei der Telefonseelsorge Pfalz, Menschen zu stützen, die aus Verzweiflung oder Einsamkeit die Nummer des kostenloses Hilfstelefons anwählen. Keine einfache Aufgabe: Es geht etwa um Depressionen, Ängste, Trauer, Suchtprobleme, familiäre Konflikte – und immer wieder auch um Suizidgedanken.
Die „Neuen“, die die von der Evangelischen Kirche der Pfalz und dem Bistum Speyer getragene Telefonseelsorge Pfalz bereichern, sind meist im Rentenalter. Viele haben beruflich Erfahrung im Umgang mit Menschen in Problemlagen gesammelt. Ein 68-jähriger früherer Sozialarbeiter aus Kaiserslautern sagt: „Ich will meine Fähigkeiten einbringen, weiter hilfreich sein.“ Für eine Frau aus Schifferstadt ist der „kirchliche Rahmen“ der Telefonseelsorge wichtig.
Ein jüngerer Lehrer aus Hütschenhausen ist dankbar für die flexiblen Dienstzeiten, die Rücksicht auf seinen Beruf nehmen, wie er sagt. „Ehrenamt ist der Kitt der Gesellschaft“, nennt ein Lehrer den Grund, weshalb er sich engagiert. Eine ehemalige Hospizmitarbeiterin aus Kaiserslautern freut sich, über ihre Arbeit „in eine Gemeinschaft eingebunden zu sein“.
Wer im bundesweiten Netz der Telefonseelsorge mithelfen will, sollte schon etwas Lebenserfahrung und viel Einfühlungsvermögen für Menschen mitbringen, sagt Pfarrer Peter Annweiler, der evangelische Leiter der Telefonseelsorge. Gemeinsam mit seiner katholischen Kollegin, der Pädagogin Astrid Martin, ist er für die Ausbildung der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zuständig. In mehr als 200 Unterrichtsstunden lernen diese etwa Gesprächsführung oder erhalten Fachwissen aus verschiedenen Problemfeldern. Danach verpflichten sie sich, insgesamt 15 Stunden im Monat ihren Dienst am Seelsorgetelefon oder im Internet-Chat zu leisten – auch an Wochenenddiensten und in der Nacht.
Wichtig ist den Ehrenamtlichen, dass sie von der Leitung der Telefonseelsorge selbst gut begleitet werden: Einmal im Monat findet in Kaiserslautern eine Supervision statt, wo sie sich über ihre Arbeit austauschen können. Die Tätigkeit als Telefonseelsorger sei berührend und manchmal auch belastend, wenn Menschen etwa über Gewalterfahrungen oder darüber sprächen, ihrem Leben selbst ein Ende setzen zu wollen, sagt ein 65-jähriger ehemaliger IT-Fachmann aus Linden. „Das geht einem nach.“ Manche Ehrenamtliche seien schon zehn, auch 20 Jahre bei der Telefonseelsorge dabei. „Mehr jüngere Menschen wären gut“, sagt Pfarrer Annweiler.
In den weltanschaulich offenen Gesprächen gehe es darum, den Anrufenden keine Ratschläge zu erteilen, betont ein Kurs-Absolvent aus Enkenbach-Alsenborn. Vielmehr gehe es darum, ihnen zuzuhören und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen für deren Probleme zu suchen. Auch würden Informationen zu weiteren Hilfsmöglichkeiten, etwa psychologischen Beratungsstellen, vermittelt, sagt Pfarrer Annweiler. Immer wieder gebe es auch Anfragen nach religiös-spiritueller Unterstützung: „Dann ist auch ein Gebet möglich.“
„Wir können nur Impulse setzen, die Anrufenden müssen selbst den Weg finden“, resümiert ein Helfer. Viele Anrufende seien dankbar, dass sie sich ihre Sorgen von der Seele reden können – und dass sie einfach „wahrgenommen“ werden.