Ehemaliger Mieter soll Brand mit vier Toten in Solingen gelegt haben

Gut zwei Wochen nach dem verheerenden Brand mit vier Toten in einem Solinger Wohnhaus ist der mutmaßliche Täter offenbar gefasst. Bei dem Beschuldigten handle es sich um einen 39 Jahre alten ehemaligen Mieter, der bis Anfang 2022 in einem Hinterhaus des Objekts gewohnt hatte und dem von der Vermieterin gekündigt worden war, teilte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt am Mittwoch in Wuppertal mit. Der Mann soll das Feuer in der Nacht zum 25. März im Treppenhaus des an der Grünewalder Straße gelegenen Mehrfamilienhauses gelegt haben.

Das Motiv des 39-Jährigen ist derzeit noch unklar, die Ermittler schließen ein rechtsextremistisches Motiv aber aus. Man gehe von einem Motiv „im persönlichen Tatbereich“ aus, betonte Kaune-Gebhardt. Eine Durchsuchung der Wohnung des Tatverdächtigen habe keine Erkenntnisse auf das Tatmotiv ergeben, insbesondere nicht auf Fremdenfeindlichkeit.

Festgenommen war der Tatverdächtige am vergangenen Montag, weil er in einem anderen Wohnhaus mit einer Machete auf einen 44 Jahre alten Mann eingeschlagen und diesen lebensgefährlich verletzt hatte. Dem Streit war offenbar ein gescheitertes Drogengeschäft vorausgegangen. Das Opfer erlitt schwere Verletzungen am Kopf, zudem brach es sich bei der Flucht vor dem Angreifer einen Fuß. Der Angreifer wurde festgenommen und kam wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft.

Im Zuge der Ermittlungen und der Auswertung von Videoaufnahmen am Brandort an der Grünewalder Straße hatten sich zuvor Verdachtsmomente gegen den Mann wegen der Brandstiftung ergeben. So war der Tatverdächtige im Umfeld des Tatorts gefilmt worden, anhand der Bekleidung konnte der Mann identifiziert werden. Am Montag war ein Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des 39 Jahre alten Mannes im Stadtteil Höhscheid ergangen. In der Wohnung des Beschuldigten wurden Brandmittel sichergestellt, erklärte der Leiter der Mordkommission, Björn Goecke. Zudem wurde dort eine kleine Marihuana-Plantage entdeckt.

Bei dem Feuer in dem Wohnhaus war in der Nacht zum 25. März eine vierköpfige, muslimische Familie aus Bulgarien ums Leben gekommen. Die Familie – die beiden Eltern im Alter von 28 und 29 Jahren sowie ihre fünf Monate und drei Jahre alten Kinder – hatten im Dachgeschoss gelebt und sich nicht mehr rechtzeitig vor den Flammen und dem Qualm retten können. Acht Menschen wurden teilweise schwer verletzt.

Bei der Untersuchung des Brandortes wurden im Treppenhaus des Gebäudes Reste von Brandbeschleuniger festgestellt. Laut dem Leiter der Mordkommission gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass der 39-Jährige mit Komplizen gehandelt habe. Das Motiv für die Tat ist unklar, der Beschuldigte habe sich bislang nicht zu der Brandstiftung geäußert. Auf Basis der weiteren Ermittlungen gegen den Tatverdächtigen solle nun geklärt werden, inwieweit gegen den Mann auch ein Haftbefehl wegen der Brandstiftung ergeht oder der bestehende Haftbefehl erweitert wird.

Man gehe davon, dass der 39-jährige Mann für beide Taten verantwortlich sei, sagte Staatsanwalt Kaune-Gebhardt. Der Beschuldigte sei bislang erst wegen „geringerer Taten“ wie Unterschlagung und Diebstahl mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Wegen der sichergestellten Beweismittel in der Wohnung des Mannes bestehe ein „sehr hoher Grad der Verdachtslage“.

Die Brandstiftung weckte Erinnerungen an den rassistischen Anschlag von Pfingsten 1993, als vier junge Männer aus der Neonazi-Szene in Solingen das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in Brand gesetzt hatten. Polizeipräsident Markus Röhrl betonte, es habe im aktuellen Fall „intensivste Ermittlungen in allen Richtungen“ gegeben. Röhrl zeigte sich erleichtert, dass die Taten nun „weitgehend aufgeklärt“ seien. Nach dem rechtsextremistischen Mord von 1993 und den „schlimmen Erinnerungen“ daran sei die rasche Klärung der Tat „sehr wichtig und befreiend“.

Zum Gedenken an die Opfer des Brandes in der Grünewalder Straße hatte es Karsamstag einen Trauermarsch mit etwa 700 Menschen in Solingen gegeben. Migrantenverbände und der türkische Islamverband Ditib hatten die Vermutung geäußert, dass es sich bei der Tat um einen fremdenfeindlichen Brandanschlag handeln könnte, und von Polizei und Staatsanwaltschaft gefordert, auch in diese Richtung zu ermitteln.