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Dresdner Initiative bringt Religionen zusammen

Gastfreundschaft über religiöse Grenzen hinweg: Die Initiative “Coexist Dresden” richtet sich an Muslime, Juden und Christen. Aber auch Menschen ohne Bindung an eine Religion sind willkommen.

Die drei Religionen setzten in Dresden auf Begegnungen (Symbolbild)
Die drei Religionen setzten in Dresden auf Begegnungen (Symbolbild)Imago / robertharding

Am Eingang der Dresdner Moschee „Haus des Friedens“ werden die Gäste von einem evangelischen Pfarrer, einem jüdischen Rabbiner und einem Muslim gemeinsam begrüßt. Der Hausherr, Omar Al Hamdan, selbst kein Imam, bittet an diesem Abend darum, die Schuhe auszuziehen. Doch anstatt auf dem Boden zu knien, wie sonst üblich in der Moschee, stehen für die Besucher Stühle auf dem rot-weißen Gebetsteppich bereit. Rund 25 Frauen und Männer nehmen Platz: Menschen muslimischen, jüdischen und christlichen Glaubens. Eingeladen dazu hat „Coexist Dresden“. Die 2017 gegründete Initiative will den interreligiösen Dialog voranbringen.

Sie ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Religionsgemeinschaften, darunter die Jüdische Kultusgemeinde Dresden, muslimische Vereine und die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Johannes-Kreuz-Lukas. Mitorganisator und Pfarrer Tobias Funke sagt, dahinter stecke die Idee, dass sich Anhänger verschiedener Glaubensrichtungen und kultureller Prägungen begegnen und miteinander ins Gespräch kommen. Die Treffen finden etwa alle zwei Monate an wechselnden Orten statt.

Gastfreundschaft als verbindendes Element der Religionen

Zuletzt lautete das Thema „Gastfreundschaft“. Als „Starthilfe“ für die Gespräche beginnen die offenen Abende jeweils mit Referaten von Vertretern der beteiligten Religionsgemeinden. Omar Al Hamdan vom „Deutschen Interkulturellen Muslimischen Centrum für Integration und Bildung“ sagt: „Im Islam ist Gastfreundschaft eine Pflicht.“ Diese drücke sich auch darin aus, Gäste mit Speisen und Getränken zu bewirten.

Für den gläubigen Muslim ist der Austausch zwischen den Religionen und Kulturen bei „Coexist“ zentral. Besonders am Herzen liege ihm dabei, Klischees zum Islam aufzubrechen. Pfarrer Funke ist überzeugt, dass die Gespräche helfen, Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen, besonders durch die Weitergabe der Erfahrungen an Freunde und Familie. „Die Teilnehmenden werden in ihren Haltungen gestärkt und können dann skeptischen Mitgliedern ihrer Gemeinschaften davon berichten und sie einladen, die Orte zu besuchen“, sagt er.

Religionen schlagen beim Thema Fremdsein Brücken

Auch beim gemeinsamen Essen kommen die Beteiligten ins Gespräch. Diskutiert werden Fragen wie „Was bedeutet es, Gast zu sein?“ oder „Wo endet für dich Gastfreundschaft?“ Ein Teilnehmer des jüngsten Treffens kommt zu der Erkenntnis: „Nach mehr als 15 Tagen kann man einen Gast nicht mehr Gast nennen.“ Ein anderer Gesprächsteilnehmer fügt hinzu: „Dann muss der Gast schon Miete zahlen.“

Das Jahresthema 2025 von „Coexist“ lautet „fremd“. Der Fokus liege auf Konzepten zur Überwindung von Fremdheiten, sagt Funke. Außer den Diskussionsabenden gebe es mittlerweile weitere Veranstaltungen der Initiative, darunter ein jährliches interreligiöses Friedensgebet sowie ein „Coexist“-Ensemble, das glaubensübergreifende Konzerte veranstaltet.

Die Diskussionsabende richten sich laut Initiative bewusst auch an Menschen ohne religiöse Lebenspraxis. Interreligiös müsse nicht religiös bedeuten, sagt Funke. Der Fokus liege auch auf dem Austausch über kulturelle Differenzen. Während die meisten Gäste über ihre Gemeinde von dem Angebot erfahren, werden Menschen ohne religiöse Bindung dagegen oft nur zufällig, etwa über den Instagram-Kanal von „Coexist“, darauf aufmerksam.

Gemeinsame Feste zeigen verbindende Kraft der Religionen

Der Dresdner Rabbiner und Partner des Projekts, Akiva Weingarten, sagt: „Es geht darum, dass wir uns auf menschlicher Ebene kennenlernen, trotz religiöser Differenzen oder verschiedener Herkunft.“ Nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel sei es besonders schwer gewesen, Muslime und Juden im Dialog zusammenzubringen. Umso bedeutsamer sei daher das Fastenbrechen im vergangenen Jahr gewesen: Im Rahmen von „Coexist“ feierten Menschen muslimischen Glaubens in der Synagoge der Jüdischen Kultusgemeinde in Dresden.

Im November steht bei „Coexist“ das Thema „Bubblecrasher“ im Mittelpunkt und die Frage, wie Parallelgesellschaften vorzubeugen sind. Dann wird die evangelische Jugendkirche in Dresden-Johannstadt der Gastgeber sein.