Im Nordosten Afrikas spielt sich die derzeit größte humanitäre Katastrophe der Welt ab. Doch die Staatengemeinschaft schaut weg, beklagen Helfer.
Helfer zeichnen ein dramatisches Bild der Lage in dem von Kämpfen zerrissenen Sudan. Zugleich beklagte die in dem nordostafrikanischen Land tätige Organisation Norwegian Refugee Council am Donnerstag einen Mangel an Solidarität.
“Die internationale Gemeinschaft muss aufwachen”, forderte die zuständige Referentin Mathilde Vu. Nach Schätzungen von Hilfsorganisationen seien vier Milliarden US-Dollar notwendig, um wenigstens in Ansätzen der aktuell größten humanitären Katastrophe der Welt zu begegnen. Tatsächlich jedoch stehe davon nur ein Bruchteil zur Verfügung. Die Menschen im Sudan fühlten sich im Stich gelassen.
Im Sudan kämpfen seit April 2023 Regierungstruppen mit Paramilitärs um die Macht. Ende Oktober brachten die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) El Fasher, die strategisch bedeutsame Regionalhauptstadt der Region Nord-Darfur, unter ihre Kontrolle. Was die Menschen derzeit dort erduldeten, sei unklar. “El Fasher ist eine Black Box”, so Mathilde Vu.
Zuletzt lebten nach einer 18 Monate währenden Belagerung laut Angaben des Norwegian Refugee Council 260.000 Menschen in El Fasher. Rund 6.000 konnten sich demnach in die etwa 70 Kilometer südwestlich gelegene Kleinstadt Tawila retten. “Wo die restlichen 250.00 Menschen sind, wissen wir nicht”, sagte NRC-Landesdirektor Shashwat Saraf, der sich vor Ort ein Bild von der Lage machte. In Tawila sind bereits Abertausende Flüchtlinge unter anderem aus dem ebenfalls von der RSF angegriffenen Lager Zamzam gestrandet.
Vu und Saraf betonten, dass die Lage auch andernorts verzweifelt sei. Teilweise müssten Menschen tagelang in der Wüste ausharren, wo sie aus Angst vor Angriffen und geschwächt durch Krankheiten und die andauernden Kämpfe nicht vom Fleck kämen. Die Kriegsparteien verletzten systematisch die Grundlagen des humanitären Rechts.
“Niemand ist wirklich sicher im Sudan”, sagte Vu. Sie forderte die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf die Regierung und die Paramilitärs zu erhöhen, um ein Ende der Kämpfe herbeizuführen. Saraf fügte hinzu, dass es im Sudan mindestens zehn Millionen Binnenvertriebene gebe; drei Millionen Sudanesen seien in die Nachbarländer geflohen. Rund 13 Millionen Kinder könnten keine Schule besuchen. Es wachse eine “verlorene Generation” heran, so der Helfer.