Donum Vitae wird 25 Jahre alt

“Donum Vitae” bedeutet “Geschenk des Lebens”. So heißt ein vor 25 Jahren von Katholiken gegründeter Verein, der in Schwangerschaftskonflikten Beratung anbietet – inklusive Beratungsschein. An Gegenwind ist er gewöhnt.

Sie haben für heftige Kontroversen in der katholischen Kirche gesorgt, sich dem Papst ausdrücklich widersetzt – und allem Druck widerstanden: Seit 25 Jahren bietet der Verein Donum Vitae, auf Deutsch “Geschenk des Lebens”, Frauen und Paaren in Schwangerschaftskonflikten bundesweit Beratung und Hilfe an – und stellt dabei auch den Beratungsschein aus, der nach deutschem Recht für eine Abtreibung notwendig ist. Am Dienstag wird der Verein offiziell 25 Jahre alt.

Wäre es nach den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sowie einigen deutschen Bischöfen gegangen, hätte es Donum Vitae nie geben dürfen. Stein des Anstoßes war der Beratungsschein. Er weist nach, dass die für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch notwendige Konfliktberatung stattgefunden hat. Kritiker wie der im Jahr 2000 gestorbene Fuldaer Bischof Johannes Dyba kanzelten den Nachweis als “Lizenz zum Töten” ab. Nach einem Machtwort von Johannes Paul II. mussten die Beratungsstellen von Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen aus dem staatlichen Beratungssystem aussteigen. Sie beraten weiter, stellen seitdem aber keinen Schein mehr aus.

Vor allem das Engagement einiger Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) führte dann zur Gründung von Donum Vitae. Die Mitarbeiterinnen stellen nach einer ergebnisoffenen Beratung weiterhin den Schein aus. Der Verein argumentiert, dass nur innerhalb des staatlichen Beratungssystems eine besondere Nähe zu den Frauen hergestellt werden könne, die eine Abtreibung in Erwägung ziehen.

Der Amtskirche war der Verein ein Dorn im Auge: 2006 verabschiedeten die deutschen Bischöfe eine Erklärung, in der sie Donum Vitae als eine Vereinigung außerhalb der Kirche bezeichneten. Sie riefen “alle Gläubigen, die in den kirchlichen Räten und Mitwirkungsgremien sowie den kirchlichen Verbänden und Organisationen Verantwortung übernehmen”, dazu auf, auf eine leitende Mitarbeit in dem Verein zu verzichten.

Führende ZdK-Mitglieder wie dessen damaliger Präsident Hans Joachim Meyer und prominente Politiker, darunter Norbert Blüm, Wolfgang Thierse, Bernhard Vogel, Erwin Teufel und Annette Schavan, widersprachen und beriefen sich auf ihr Gewissen: Donum Vitae stehe nicht außerhalb der Kirche.

Und der Verein fasste schnell Fuß: Er baute ein bundesweites Netz von rund 200 Beratungsstellen auf. Dazu kamen Online-Beratungen. Derzeit werden jährlich rund 50.000 Frauen beraten, 2022 waren es 89.000 Beratungen – davon 20 Prozent Hilfen im Schwangerschaftskonflikt. “Wir wissen, dass viele Kinder heute leben, weil ihre Mütter Rat und Hilfe bei Donum Vitae bekommen haben”, sagt die frühere Vorsitzende und frühere Präsidentin des ZdK, Rita Waschbüsch, selbstbewusst. Auch sein Programmangebot hat der Verein erweitert: Mitarbeitende beraten geflüchtete Frauen, sie helfen bei Trauer und Verlust und sie unterstützen werdende Väter.

Inzwischen hat sich das Verhältnis zwischen dem Verein und der Amtskirche etwas entspannt. Anfang 2018 wurde ein Brief des damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, an das ZdK bekannt. Darin finden sich anerkennende Worte des Münchner Erzbischofs für Donum Vitae: Nicht nur die Schwangerenberatungsstellen der Bistümer, sondern auch der Verein setze sich für den Lebensschutz ein und erziele Erfolge in der Konfliktberatung.

Ein fortgesetzter innerkirchlicher Konflikt wäre kontraproduktiv. Denn der Streit über die Regelungen zur Abtreibung ist wieder neu entbrannt. Spätestens seitdem eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission im April ihre Empfehlungen für eine Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vorlegte, kämpfen Amtskirche und ZdK mit einer Stimme dafür, dass eine Abtreibung grundsätzlich rechtswidrig und eine Beratungspflicht bestehen bleiben müsse.

Beim Erfurter Katholikentag feierte der Verein schon mal sein Jubiläum. Das geistliche Wort sprach Ende Mai allerdings kein katholischer Vertreter, sondern die Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anne Gidion.