Donald Trump und seine “wunderbaren Christen”
Christen – und vor allem weiße Christen – haben in den USA wesentlich zum Wahlsieg von Donald Trump beigetragen. Der Republikaner hat über die Jahre eine enge Bindung zu ihnen aufgebaut. Im Wahlkampf sprach er von „meinen wunderbaren Christen“. Davon dürften konservative Christen in Trumps zweiter Amtszeit profitieren. Trump spricht ihre Sprache. Er will angeblich das „Glaubensbüro“ im Weißen Haus wiedereröffnen.
„Gott sei Dank für einen eindeutigen Sieg“, verkündete auf der Plattform X der Präsident des Südlichen Baptistenverbandes, Clint Pressley. Die als evangelikal und konservativ eingestufte Southern Baptist Convention ist die größte protestantische Kirche der USA. Trump hat laut einer Nachwahlumfrage von Edison Research 82 Prozent der Stimmen der weißen evangelikalen Wähler sowie 63 Prozent der Protestanten und „anderer Christen“ erhalten. 58 Prozent der Katholiken hätten Trump gewählt.
Trump und die konservativen Christen haben im Laufe der Jahre zueinander gefunden. Bei Trumps erster Wahl 2016 war der zweimal geschiedene und dreimal verheiratete Medienstar, Immobilienmogul und frühere Spielcasinobesitzer nicht der große Wunschkandidat. Damals wurde ein Video bekannt, auf dem Trump prahlte, wenn man ein Star sei, könne man „alles“ mit Frauen machen.
Doch weiße Evangelikale stimmten laut Pew Research Center zu 77 Prozent für Trump. Trump vermittelte das Image eines Siegers. Als bekannt wurde, Trump habe einer Porno-Schauspielerin 2016 Schweigegeld zahlen lassen, sagte sein Verbündeter, Baptistenprediger Franklin Graham, im Kabelsender MSNBC: „Wir sehen ihn nicht als den Pastor der Nation an.“
Die evangelikale Welt, die sich seinerzeit Sorgen machte um Ronald Reagans Vergangenheit im sündhaften Hollywood, hat ihre Haltung zu moralischen Fragen geändert. In einer bemerkenswerten Umfrage des Public Religion Research Institute 2016 kurz vor Trumps Wahlsieg gegen Hillary Clinton erklärten 72 Prozent der weißen Evangelikalen, Politiker könnten sich im öffentlichen Leben ethisch verhalten trotz „einer unmoralischen Tat im Privatleben“. Fünf Jahre zuvor hatten nur 30 Prozent so gedacht.
In einem Interview mit dem Religion News Service erklärte Trump, er sei als Kind in der Presbyterianischen Kirche konfirmiert worden, er sehe sich aber nun als „non-denominational Christian“, also als konfessionsloser Christ. Diesen Weg zu einer ungebundenen Existenz sind viele Protestanten in den USA gegangen. In Gottesdiensten sieht man Trump selten. In seiner ersten Amtsperiode empfing er im Oval Office in Washington einen evangelikal geprägten Beratungsausschuss.
Mit „Make America Great Again“ (Macht Amerika wieder groß) spricht Trump Menschen an, die sich nach vermeintlich wirtschaftlich rosigen Zeiten und einer Vergangenheit ohne Diskussionen über Gender und die Rechte von Trans-Menschen zurücksehnen. Trump nahm konservative Christen in Schutz, die Opfer der liberalen Elite seien. Und er hat das Oberste Gericht so besetzt, dass es 2022 das Verfassungsrecht auf Schwangerschaftsabbruch gekippt hat.
Als Trumps wichtigste Religions-Beraterin im Weißen Haus galt „Wohlstandpredigerin“ Paula White. Man müsse positiv denken und Chancen ergreifen, verkündet sie in ihren Fernsehsendungen. White kommt aus dem Umfeld der New Apostolic Reformation (NAR) – eine der pfingstkirchlichen Theologie entstammenden Bewegung, die sich in den USA in den vergangenen Jahren stark verbreitet hat. Gläubige müssten Einfluss gewinnen auf Regierung und Gesellschaft.
Manche konservative Christen sahen im Wahlkampf ein spirituelles Ringen gegen das Böse. Trump sei ein „nur einmal in 1.000 Jahren erscheinender Meteor“, sagte Lance Wallnau, der sich als Prophet sieht in diesem Kampf. In seiner Siegesrede wiederholte Trump mit Blick auf die Attentatsversuche gegen ihn, viele Menschen hätten ihm gesagt, Gott habe ihn gerettet, um Amerika zu retten. Die Errettung und Trumps kämpferische Reaktion bestärkte offenbar gläubige Wähler.
In einem neuen Film „Trump 2024: The World after Trump“ erläutert der texanische Baptistenpastor Robert Jeffress, was er an Trump schätze: Donald Trump selbst wäre der erste, der sagen würde, dass er nicht perfekt ist. Doch Gott habe Trump benutzt, um die USA zu biblischen Werten zurückzubringen.
Evangelikale sind kein Einheitsblock. Viele haben wie andere Amerikaner auch aus wirtschaftlichen Gründen gewählt. Manche Evangelikale machen sich Sorgen, dass „evangelikal“ ein politisches Etikett geworden ist. Das evangelikale Magazin „Christianity Today” hat sich 2019 für Trumps Amtsenthebung ausgesprochen. Trump habe “zutiefst unmoralisch” gehandelt. Das sorgte für Aufsehen. Durchgesetzt hat sich diese Haltung nicht.