Dillinger-Ermittler: Aufarbeitung könnte Stückwerk bleiben

Sonderermittler haben bei der Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe gegen den Priester Edmund Dillinger aus dem Bistum Trier ein ernüchterndes Zwischenfazit gezogen. „Gelingt es nicht, die an verschiedenen Stellen vorliegenden Erkenntnisse zusammenzuführen, besteht die Gefahr, dass die Aufarbeitung insgesamt Stückwerk bleibt“, hieß es am Mittwoch bei der Vorstellung des zweiten Berichts der Ermittler. Der 2022 gestorbene Priester steht im Verdacht, jahrzehntelang Jugendliche und junge Erwachsene nackt fotografiert und missbraucht zu haben. In seinem Haus wurden Fotos und Unterlagen gefunden, die diesen Verdacht nahelegen.

Der ehemalige Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer und der frühere stellvertretende Leiter der Staatsanwaltschaft Trier Ingo Hromada untersuchen den Missbrauchskomplex – im Auftrag der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier (UKA). Am 20. September war ihr erster Zwischenbericht veröffentlicht worden. Daraus ging hervor, dass es schwierig ist, Vorwürfe gegen Dillinger zu belegen. Bisherige Ergebnisse sprechen nach ihrer Einschätzung dafür, dass Dillinger (1935-2022) seit den 1960er Jahren sexuell übergriffiges Verhalten zeigte.

„Wir hoffen weiterhin, dass sich Betroffene an uns wenden“, hieß es am Mittwoch. „Insgesamt haben wir bisher 6 Interviews mit Betroffenen und 26 Interviews mit Zeitzeugen geführt“, so Brauer und Hromada. Inzwischen seien 9 Betroffene namentlich bekannt. Zudem seien „auch alle jungen Menschen, die D. in sexualbetonten Posen ablichtete, Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden“. Deren Zahl lasse sich „nicht seriös abschätzen“.

Die Sonderermittler kritisierten die von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken angeordnete und vollzogene Vernichtung zahlreicher Unterlagen – insbesondere der Jahresterminkalender Dillingers aus rund vier Jahrzehnten ab 1967. Die vorhandenen „Restakten“ seien für die Aufarbeitung eines von Dillinger verübten sexuellen Missbrauchs „ohne Erkenntnisgewinn“, hieß es. Dies gelte „erst recht“ für eine mögliche Beteiligung an einem Ring von Sexualstraftätern.

Dass die ab 1967 vorliegenden Kalender Dillingers vernichtet worden seien, sei ein „herber, in seinen Ausmaßen nicht abzuschätzender Verlust für die Aufarbeitung“, kritisieren Brauer und Hromada. Dies gelte auch angesichts des Informationsgehalts der Kalender aus 2013 und 2016, die sichergestellt und ausgewertet worden seien.

„Zusätzliche Erkenntnisquellen“ hätten „leider nicht erschlossen werden“ können, hieß es in dem 40-seitigen Bericht weiter. Die Sonderermittler beabsichtigen nach eigenen Angaben, die Aufarbeitung im ersten Halbjahr 2024 abzuschließen und einen Abschlussbericht vorzulegen, „sofern sich keine unerwarteten oder neuen Rechercheansätze auftun“.