Dieter Stoppel aus Klein-Bergen spricht und lehrt Sorbisch

Dieter Stoppel aus Klein-Bergen (Lausitz) bleibt seinen Wurzeln im Alltag treu. Er pflegt die sorbische Sprache und das Brauchtum.

Puppen in sorbischer Tracht im Museum Bautzen
Puppen in sorbischer Tracht im Museum BautzenImago / Steffen Unger

Von „O bis O“ trifft sich die „Bjesada“. Der sorbische Gesprächskreis in Bergen kommt von Oktober bis Ostern mittwochs zusammen. „Wir orientieren uns an Lehrbüchern aus der Schule, wir wenden viel Gelerntes praktisch an. Wir singen auch gern miteinander. Jeder Kurs endet meist mit zwei, drei sorbischen Liedern“, erzählt Dieter Stoppel (75) aus Klein-Bergen in der Gemeinde im Lausitzer Seenland. 1999 rief er mit anderen die „Bjesada“ – den sorbischen Gesprächskreis – ins Leben. Heute vereint er zehn Sorbisch-Lernende.

„Das ist kein D-Zug-Lehrgang. Wir gehen behutsam und stufenweise vor“, meint Dieter Stoppel. In seiner Kindheit in Bergen wurde seine sorbische Muttersprache in nahezu jedem Haushalt gesprochen. Viele Frauen gingen noch täglich in Tracht. „Ich war viel in der Schmiede bei Großvater Wilhelm Stoppel. Er war ein stiller, sehr bescheidener Mensch. Mit mir sprach er Sorbisch“, erzählt der Enkel dankbar. Durch den Bau des Gaskombinats Schwarze Pumpe und durch Gründung der Landwirtlichen Produktionsgenossenschaften zogen viele Deutsche ins Dorf. Sorbisch ging rapide zurück. „Die Sprache wurde nicht mehr wertgeschätzt. Ihr kultureller Schatz wurde nicht erkannt“, erzählt Dieter Stoppel nachdenklich. „Eine Mitschülerin sprach zu Hause mit ihrer Mutter weiter Sorbisch. Das ermutigte mich. Das munterte mich auf, wieder Sorbisch zu sprechen. Die Klasse blieb weitgehend zusammen.“

Großeltern pflegten das Sorbische

Mit Großvater fuhr Dieter Stoppel mitunter zum Gottesdienst nach Hoyerswerda. Großmutter Auguste Stoppel las täglich in der Bibel. Sie pflegte und hegte ihr Gesangbuch. „Das hat mich sehr geprägt“, schildert der Enkel. „Glauben und Muttersprache sind eng miteinander verbunden. Sie sind tiefe Wurzeln. Die sorbische Sprache ist wie ein reicher Schatz.“ Nach der Schulzeit lernte Dieter Stoppel Kfz-Schlosser bei der Produktionsgenossenschaft des Handwerks „Gute Fahrt“ in Hoyerswerda. Später wechselte er in den Bergbau. Im Braunkohlenwerk (BKW) „Glückauf“ in Knappenrode, er war Maschinist für Gleisbaumaschinen und später Dreher. In Lohsa auf der Kartbahn entdeckte er seine Leidenschaft für Kartrennen. Dieter Stoppel fuhr bald viele Wettkampf-Rennen. „Ich war unter den sechs Besten in der DDR“, erzählt er stolz.

Der Sorbisch-Fan Dieter Stoppel
Der Sorbisch-Fan Dieter StoppelAndreas Kirschke

Mit seiner Frau Christa (73) zog Dieter Stoppel 1971 von Bergen in die Siedlung Klein-Bergen. Auch dort wurde die sorbische Sprache kaum noch gesprochen. Dieter Stoppel nahm das nicht hin. Er suchte Gleichgesinnte zum (Wieder-)Erlernen. Vor allem suchte er eine Lehrerin, die Sorbisch unterrichtet. Er ließ in seinen Bemühungen nicht nach. Heute ist er in der „Bjesada“ wichtiger Motivator. „Der Zusammenhalt ist uns ganz wichtig. Er hat uns vor allem in der Corona-Zeit schmerzlich gefehlt“, schildert seine Frau Christa. In der Evangelischen Johanneskirchen-Gemeinde Hoyerswerda-Altstadt und Umland engagiert sie sich mit ihrem Mann für den Besuchsdienst bei Geburtstagen der Senioren im Umland. Dieter Stoppel gehörte zudem 28 Jahre bis 2018 dem Gemeindekirchenrat an. Dabei vertrat er seinen Heimatort Bergen.

Lernen in der sorbischen Gaststätte „Wjelbik“

Von Anfang an unterstützte er den Pfarrer der Gemeinde bei der Organisation des Sorbischen Evangelischen Heimattages in der Region Hoyerswerda. Kontinuierlich nehmen seine Frau und er daran teil. „Der Heimattag ist eine feste Größe im sorbischen kulturellen Leben im Raum Hoyerswerda. Jedes Jahr freuen wir uns darauf“, unterstreicht der Bergener. In der wöchentlichen „Bjesada“ wertschätzt er zudem die vielen gemeinsamen Ausflüge. Diese führen nach Lohsa ins Zejler-Smoler-Haus, nach Bautzen ins Sorbische Museum, zum sorbischen Gottesdienst und in die sorbische Gaststätte „Wjelbik“ (Speisekammer). Auch dort kann er seine Muttersprache sprechen.

Wichtig ist ihm zudem der Erfahrungsaustausch. „Solange wir engagierte Mitstreiter finden, geht es weiter“, ist er zuversichtlich für die Zukunft. „Die Bjesadas sind wichtige Grundlage für die Sprachpflege. Natürlich kann jeder die Sprache im Alltag praktisch pflegen.“ Dieter Stoppel liest regelmäßig die sorbische evangelische Monatszeitschrift Pomhaj Bóh (Gott hilf). Morgens hört er mit seiner Frau Christa den Sorbischen Rundfunk. Dank dessen Programm startet er gut in den Tag.

Für sein jahrelanges, ehrenamtliches Engagement erhielt Dieter Stoppel am 20. Oktober 2023 in Bautzen das Ehrenabzeichen der Domowina. Die Sprachgruppe Bergen und der Domowina- Regionalverband Handrij Zejler Hoyerswerda regten die Ehrung an.