Dieser Name wird kein Schall und Rauch

Zwei Kirchengemeinden in Geesthacht bei Hamburg wollen fusionieren – und haben sich bei der Wahl des Namens einen besonderen Dreh einfallen lassen.

Gespannt auf den neuen, gemeinsamen Namen (v.l.n.r.): Renate Staudte, Pastor Thomas Heisel, Pastorin Christiane Klinge und Reinhild von Fintel-Tödter
Gespannt auf den neuen, gemeinsamen Namen (v.l.n.r.): Renate Staudte, Pastor Thomas Heisel, Pastorin Christiane Klinge und Reinhild von Fintel-TödterDirk Schulz

Geesthacht. In Zeiten des Mitgliederschwunds rücken viele Kirchengemeinden enger zusammen. So auch die beiden Geesthachter Christus- und die St.-Thomas-Gemeinde: Zum 1. Januar 2024 wollen beide die Fusion feiern. Um alle Mitglieder mitzunehmen und für den Wandel zu begeistern, kann sich jedermann am Prozess der Namensfindung beteiligen – drei Namen stehen zur Auswahl, abgestimmt wird am ersten Advent, wenn auch die Kirchengemeinderäte gewählt werden.

Die Christus-Gemeinde ist mit 1900 Mitgliedern gut doppelt so groß wie ihre künftigen Partner in Grünholz-Tesperhude. „Uns geht es darum, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen und fair miteinander umgehen“, sagt deshalb Pastor Thomas Heisel von der Christuskirche, der seit über 20 Jahren in der Elbstadt wirkt. Das gemeinsame Ziel von ihm sowie seiner Kollegin Pastorin Christiane Klinge: Beide wollen die Gemeindeglieder am Fusionsprozess teilhaben lassen, damit diese sich mit der Zusammenlegung identifizieren können.

Warum Christ-Thomas nicht passte

Dazu zählt das Finden eines passenden Namens für die künftige gemeinsame Kirchengemeinde. Alle hatten einen Namen vorschlagen können, sechs Ideen wurden so gesammelt. Über die Vorschläge wurde gründlich beraten. „Einer fiel relativ schnell weg“, so Heisel: So habe es früher einmal eine St.-Johannis-Gemeinde in Geesthacht gegeben, sich nun wieder so zu nennen, wäre „nicht glücklich“ gewesen“, so der Pastor. Christ-Thomas war ein Vorschlag. „Aber das ist holprig“, findet Heisel.

Drei Vorschläge in der Auswahl

Und zwangsläufig würde bei diesem Doppelnamen Christus mehr Gewicht einnehmen als Thomas, auch das sollte vermieden werden. „Wir wollten etwas Gleichrangiges.“
Aktuell sind drei Kandidaten übrig: Emmaus, Christopherus und Raphael. In mehreren Gottesdiensten griffen Heisel und Klinge die Bedeutung der Namen auf. Der Legende nach habe Christopherus das Jesuskind von einer Seite des Flusses auf die andere gebracht. „Nun fließt hier zwar die Elbe, aber sie trennt gottlob unsere Gemeinden nicht, sondern die Landeskirchen“, erläutert Heisel. Dennoch: das Evangelium, die kirchliche Gemeinschaft werde von einer Gemeinde zur anderen gebracht.

Hinter dem Namen Emmaus steht die Geschichte zweier Jünger, die nach der Kreuzigung allein wandern. Als Jesus sich zu ihnen gesellt, erkennen sie ihn nicht. Erst am Abend gebe er sich in Brot und Wein zu erkennen, dann verschwinde er. Darin steckt für beide Theologen die Botschaft, „dass Jesus immer mitgeht, auf allen unseren Wegen und Herausforderungen: Von nun an wissen sie, dass er in anderer Form bei ihnen ist.“ Der Erzengel Raphael hingegen heile Zerbrochenes. Die mythische Figur könne dafür stehen, die Spaltung in der Gesellschaft und die Unterschiede zwischen den Geesthachter Gemeinden zu kitten.

Verschiedene Schwerpunkte

Beide Gemeinden sind nicht nur rund sechs Kilometer voneinander entfernt, sondern haben auch verschiedene Schwerpunkte. Grünhof-Tesperhude sei dörflicher geprägt als die städtische Christus-Gemeinde und experimentierfreudiger, schildert Thomas Heisel. Hier werden etwa Abend-, Musik- und Taizé-Gottesdienste angeboten. In der Christus-Kirche gebe es vor allem den klassischen 10-Uhr-Gottesdienst, Bibelkreise und theologische Vorträge – „und das wollen wir auch erhalten“.

Die räumliche Distanz zur künftigen Partnergemeinde nimmt Christiane Klinge durchaus als Herausforderung wahr. Andererseits sei die Fusion für „ihre“ Grünhof-Tesperhuder auch eine Chance, mehr kulturelle Veranstaltungen anbieten und wahrnehmen zu können, etwa Filmvorführungen im Kino, Konzerte und Lesungen. Auch deshalb geht es ihr um die Beteiligung möglichst vieler Gemeindemitglieder: „Wir wollen die Leute mitnehmen, über den Namen mitberaten und entscheiden zu können“, so die Theologin. Ein neuer Name sei nicht nur formell zwingend nötig, sondern „es geht auch darum, deutlich zu machen, dass etwas Neues beginnt“.