Diese Pastorin ist jetzt Feuerwehr-Chefin

Ihr Pieper ist nie weit weg: Die Elmshorner Pastorin Britta Stender engagiert sich ehrenamtlich in der Feuerwehr – und ist jetzt sogar Wehrführerin.

Pastorin Britta Stender mit Helm und Talar
Pastorin Britta Stender mit Helm und TalarThorge Rühmann

Elmshorn. Britta Stender legt im Pastorat der Elmshorner Friedenskirchengemeinde den Pieper vor sich auf den Tisch. Für den Moment ist der Alarmgeber still. Aber das kann sich schnell ändern: Stender ist nicht nur Pastorin, sondern zugleich Mitglied der örtlichen Feuerwehr. Jetzt ist die 53-jährige sogar zur Chefin gewählt worden – und ist damit die landesweit erste Frau an der Spitze einer großen Wehr. 
Wie bringt Stender Theologie und Brandschutz in der Praxis unter einen Hut? Unterbricht sie eine Zeremonie, sobald sie der nächste Einsatz ruft? „Wenn ich einen Gottesdienst mit mehreren Kollegen halte und es passiert etwas Großes, dann kann ich zur Not auch mal raus“, erläutert sie. Fünf Pastoren teilen sich die Aufgaben in der Friedenskirchengemeinde, das Team hält Stender den Rücken frei. Ist die Pastorin allein, bleibt der Pieper im Pastorat. „Und im Konfirmandenunterricht kann ich bei einem Alarm schon mal zehn Minuten früher los“, so Stender.

Der Teamgeist motiviert sie

In 2018 rückte die Elmshorner Wehr zu 461 Einsätzen aus. Neun Lösch- und Räumfahrzeuge sind hier auf zwei Wachen verteilt. Seit 2002 ist für Frauen die Mitgliedschaft in der Elmshorner Feuerwehr möglich: Zwölf von ihnen sind heute aktiv in der Wehr mit ihren insgesamt 123 Mitgliedern. 
Als neuer Wehrführerin in Elmshorn geht es Stender nicht nur darum, die Anschaffung neuer Geräte wie aktuell einer Drehleiter bei der Stadt durchzusetzen. Sie will ein Konzept dafür entwickeln, wie die Wehr auf künftige Herausforderungen reagieren kann, etwa die Handhabung von Unfällen mit Elektroautos. Stender ist auch selbst aktiv an Einsätzen beteiligt, trägt dabei die Atemschutzausrüstung, rettet Leben. 
Ihre Motivation, das Ehrenamt auszufüllen, nimmt sie vor allem aus dem Kameradschaftsgeist, der in dem Feuerwehrteam herrscht. Auch der Kontakt zu Menschen, die nicht kirchlich aktiv sind, oft sogar ein distanziertes Verhältnis dazu haben, bedeutet ihr viel: „Das ist mir ganz wichtig, um geerdet und bodenständig zu bleiben.“ Außerdem könne sie sich als Brandschützerin körperlich und handwerklich gründlich austoben: „Das habe ich in meinem Job sonst eher selten“, sagt sie lachend.

Seelische Belastung

Ihr komme es darauf an, haupt- und nebenamtlichen Kameraden gleichermaßen das Gefühl von Wertschätzung zu geben, so die Theologin: „Da gibt es ganz viel Überschneidung von Kirche und Feuerwehr, das finde ich total spannend.“ In beiden Bereichen engagierten sich viele Menschen leidenschaftlich im Ehrenamt. Allerdings: „Kirche kreist mir dabei manchmal zuviel um sich selbst – das ist bei der Feuerwehr viel weniger der Fall“, so Stender.
Die Pastorin bekommt häufig Anfragen ihrer Feuerwehrkameraden, eine Taufe, Trauung oder Beerdigung zu feiern. Das werde häufig „auf dem kurzen Dienstweg“ angefragt, schmunzelt sie und fügt hinzu: „Mir macht es auch mehr Spaß, wenn ich die Menschen kennen, die da vor mir in der Kirche sitzen.“
Die Einsätze können jedoch auch große seelische Belastungen mit sich bringen. An ihren ersten Einsatz als Feuerwehrfrau in Elmshorn erinnert sich Stender bis heute: „Es war ein Verkehrsunfall mit einem Toten, bei dem der Vater vor Ort war. Sein Sohn war mit einem Heuanhänger kollidiert. Das Schreien des Vaters wird mir nie mehr aus dem Kopf gehen.“ 
Gerade deshalb will die Seelsorgerin künftig einen Schwerpunkt darauf setzen, ihren Kameraden beim Bewältigen belastender Eindrücke zu helfen. Oft helfe dann, gemeinsam über die Einsätze zu reden, bei denen Menschen in Gefahr waren. Stender: „Ich selbst muss dann mit dem Hund rausgehen. Das hilft mir, den Kopf zu sortieren und auf andere Gedanken zu kommen.“