Eine drohende Abschiebung nach Bulgarien ist in Bayern derzeit der Hauptgrund für Kirchenasyle. Laut Stephan Theo Reichel, dem ersten Vorsitzenden des bayerischen Kirchenasyl-Vereins „matteo“, sind von den derzeit mehr als 30 so untergebrachten Menschen zwei Drittel davon bedroht. Reichel macht sich große Sorgen wegen der Zustände in Bulgarien: „Die sind unbeschreiblich. Alle Flüchtlinge dort, ohne Ausnahme, erleben schwere Polizeigewalt und werden ins Gefängnis gesteckt“, sagt er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Generell lasse der Druck beim Kirchenasyl aber nach, da immer weniger Geflüchtete nach Deutschland kommen.
Froh sei Reichel, dass Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) das Kirchenasyl respektiere. In Bundesländern wie Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sei die Lage anders. Dort habe es einige versuchte und erfolgte Brüche des Kirchenasyls gegeben. „Wir haben neulich einen jungen Mann aus dem Kirchenasyl von Schleswig-Holstein nach Bayern gebracht, weil er dort nicht mehr sicher war“, erzählt der „matteo“-Vorstand. Das generelle Problem sei, „dass große Teile der Politik in eine populistische Richtung geschwenkt sind, mit wenig Wissen und wenig Empathie“.
Große Unsicherheit herrscht laut dem Kirchenasyl-Experten seit dem Sturz des Assad-Regimes bei syrischen Geflüchteten. Dass führende Politiker immer wieder behaupteten, Syrien sei nun in Teilen wieder sicher und man könne dorthin abschieben, ist für Reichel „völlig absurd“. „Das Auswärtige Amt schreibt in seinem neuen Lagebericht, Syrien ist eines der gefährlichsten Länder der Welt.“ Statt darüber nachzudenken, wie man möglichst viele Syrer abschieben könne, müsse man ihre Integration in Deutschland weiter fördern. Auch dafür setze sich „matteo“ mit konkreten Projekten ein, aktuell in Kooperation mit der sächsischen Stadt Hoyerswerda, die dringend Pflegepersonal brauche und sich daher gezielt um Geflüchtete bemühe.
Um die aktuelle Lage beim Kirchenasyl, Integration und andere politische Entwicklungen geht es bei der Mitgliederversammlung des Vereins „matteo“ am Samstag (26. Juli) in Nürnberg. Pastorin Dietlind Jochims aus Hamburg, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirchenasyl, werde mit einem Redebeitrag erwartet, genauso wie David Geitner, Beauftragter für Kirchenasyl in der evangelischen Landeskirche in Bayern. „matteo“ sei zwar ein kirchlicher Verein mit 300 Mitgliedern, zu denen teilweise ganze Kirchengemeinden gehören, aber unabhängig, betonte Reichel. (2429/24.07.2025)