„Jede neue Schwierigkeit war mir neuer Ansporn.“ Mit Zähigkeit, Talent und Fleiß wurde die Malerin Elisabeth Jerichau-Baumann (1819-1881) zu einer der bekanntesten deutschsprachigen Künstlerinnen ihrer Zeit. Sie nahm in Düsseldorf privaten Kunstunterricht und verfolgte eine internationale Karriere, die sie über Rom nach Dänemark führte. Sogar der damalige Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie zollte ihr Respekt, obgleich Frauen in dem renommierten Institut seinerzeit nicht zugelassen waren. Dennoch ist die Künstlerin heute so gut wie unbekannt.
Das soll sich nun ändern. Denn Jerichau-Baumann gehört zu den 31 weitgehend vergessenen Malerinnen, die der Düsseldorfer Kunstpalast ab Donnerstag in einer großen Ausstellung präsentiert. Unter dem Titel „Künstlerinnen! – Von Monjé bis Münter“ sind bis zum 1. Februar Werke von Frauen zu sehen, die zwischen 1819 und 1919 in Düsseldorf künstlerisch tätig waren. Viele Bilder sind erstmals seit dem 19. Jahrhundert wieder öffentlich zu sehen.
Mit Ausnahme von Gabriele Münter, die 1897 für kurze Zeit eine Damenkunstschule in Düsseldorf besuchte, sind die Namen dieser 31 Frauen heute weitgehend vergessen. Wer kennt etwa Amalie Bensinger, Mathilde Dietrichson, Marie Laurencin, Amalia Lindegren, Marie Wiegmann oder Emilie Preyer?
„Die meisten dieser Namen hatte auch ich vor fünf Jahren noch nicht gehört“, bekennt der Generaldirektor des Kunstpalasts, Felix Krämer. Doch die Entdeckung dieser Künstlerinnen lohne sich. „Diese Ausstellung schreibt Kunstgeschichte“, ist Krämer gewiss. „Sie wirft einen erweiterten Blick auf das Kunstgeschehen in dieser Stadt.“
Die Ausstellung ist Ergebnis eines fünfjährigen Forschungsprojekts am Kunstpalast, bei dem insgesamt mehr als 500 Namen vergessener Künstlerinnen recherchiert wurden, die in Düsseldorf tätig waren. Kuratorin Kathrin DuBois musste nach eigenen Angaben Detektivarbeit leisten. „Viele Werke waren verschollen.“ Dennoch sei es gelungen, für die Ausstellung rund 170 Gemälde zusammenzutragen. Dazu hatte der Kunstpalast unter anderem einen Presseaufruf gestartet.
„Es hat uns überrascht, wie präsent Frauen im 19. Jahrhundert in Kunstausstellungen in Düsseldorf waren“, sagt DuBois. Doch sowohl in der Kunstgeschichtsschreibung als auch in den Museumssammlungen sind diese Malerinnen kaum zu finden. Das habe mehrere Gründe, erklärt die Kuratorin. Im 19. Jahrhundert sei die landläufige Meinung gewesen, dass es nicht in der Natur von Frauen liege, schöpferisch tätig zu sein. Zudem verliefen Laufbahnen von Künstlerinnen häufig recht kurz oder unter erschwerten Bedingungen. Denn Heirat und Familie bedeuteten für Frauen meist einen Karriereknick oder das Ende der künstlerischen Tätigkeit.
Viele entschieden sich deshalb auch gegen die Ehe. Etwa die Hälfte der vorgestellten Künstlerinnen blieb ledig. Andere, wie Elisabeth Jerichau-Baumann, Hermine Stilke oder Alwine Schroedter konnten der Malerei weiter nachgehen, weil sie mit Künstlern verheiratet waren, die Verständnis für ihre Ambitionen hatten.
Schon der Zugang zu einer künstlerischen Ausbildung war für Frauen im 19. Jahrhundert eine große Hürde. Da sie an den Kunstakademien nicht zugelassen waren, mussten sie Privatunterricht nehmen. Das erforderte finanzielle Unterstützung der Familie oder ein eigenes Vermögen.
Die in der Ausstellung präsentierten Werke zeigten, dass die Künstlerinnen ihren männlichen Kollegen ebenbürtig gewesen seien, sagt Krämer. Ein Unterschied ist allerdings bei den Motiven auszumachen. Der öffentliche Raum sei zu dieser Zeit männlich besetzt gewesen, sagt Krämer. Frauen seien oftmals auf den häuslichen Bereich beschränkt gewesen. So malten die Künstlerinnen häufig Porträts und Motive aus der weiblichen Welt.
Julia Schily-Koppers etwa porträtierte um 1900 eine Spinnerin, die am Kachelofen sitzt oder eine Großmutter mit Enkelin. Alma Erdmann malte um die Jahrhundertwende Frauen aus Hessen oder dem Schwarzwald in ihren landestypischen Trachten – mit all ihren feinen Mustern und Faltenwürfen. Da sie oftmals durch Kinder und Haushalt gebunden waren, waren auch Stillleben ein beliebtes Motiv der Künstlerinnen, die sie zuhause malen konnten. Emilie Preyer etwa malte in den 1860er und 70er Jahren bis ins Detail naturgetreue Wildblumen in Vasen.
Die Ausstellung sei ein erster Schritt, die vergessenen Malerinnen wieder sichtbar zu machen, sagt Krämer. Bereits seit 2017 habe der Kunstpalast 15 Gemälde von Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts angekauft, die in der Ausstellung vertreten sind. Aber dabei solle es nicht bleiben. „Der Weg, Chancengleichheit zu schaffen, ist noch nicht zu Ende.“