Die letzten Jesuiten verlassen das Bonner Aloisiuskolleg

Ab 2010 gab es Vorwürfe der Anwendung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche: Der Jesuitenorden zieht seine letzten beiden Ordensbrüder aus seinem Bonner Aloisiuskolleg ab.

Aloisiuskolleg Bonn, Gymnasium des Jesuitenordens mit Internat für Jungen und Mädchen
Aloisiuskolleg Bonn, Gymnasium des Jesuitenordens mit Internat für Jungen und MädchenImago / wolterfoto

Der Jesuitenorden zieht zum Schuljahresende seine letzten beiden Ordensbrüder aus seinem Bonner Aloisiuskolleg ab. Am 4. Juli endet somit die über 100-jährige Leitungspräsenz des Ordens an dem Gymnasium, wie der Orden dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. Neben dem noch amtierenden Rektor Pater Martin Löwenstein wird auch ein weiterer Jesuit am Ende seiner Ausbildung die Schule im Bonner Stadtteil Bad Godesberg verlassen.

Noch ist der Orden Träger. Finanzielle Unterstützung kommt vom Land NRW, dem Erzbistum Köln und durch Elternbeiträge. Anstelle der Jesuiten als oberste Schulträgerinstanz soll eine unabhängige Stiftung treten, die der Orden ins Leben gerufen hat, wie der Orden erläuterte. Die Immobilien wird der Orden weiter zur Verfügung stellen, der in Deutschland dann noch Träger des Berliner Canisius Kollegs und des Kollegs St. Blasien im Schwarzwald sein wird.

Aloisiuskolleg: Nur noch wenige Jesuiten

„Während noch vor fünfzig Jahren der größere Teil der Lehrer und Erzieher am Aloisiuskolleg Jesuiten waren, sind es in den letzten Jahrzehnten meist nur eine Handvoll gewesen, die in Aufgaben am Kolleg gewirkt haben“, erläuterte Klaus Voßmeyer, Sprecher der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten, dem epd. Pater Löwenstein habe in Bonn durch Neustrukturierung und Einstellung eines Geschäftsführers die Aufgaben des Rektors und die pädagogische Leitung auf andere Schultern verteilt.

Orden, Schule und Eltern sei es wichtig, dass das Profil des „Ako“ nicht mehr von der Anwesenheit einzelner Jesuiten abhängig sei, „sondern durch pädagogische Schul- und Personalentwicklung und durch Zusammenarbeit im Netzwerk ignatianischer Schulen langfristig gesichert ist“, erläuterte Voßmeyer. Die fachliche Begleitung übernehme das Kompetenzzentrum für ignatianische Pädagogik in Ludwigshafen. Seit Oktober 2023 koordiniert mit Gabriele Hüdepohl erstmals eine Laiin und Frau das Netzwerk, das nach dem Ordensgründer Ignatius von Loyola benannt ist.

Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen Ordensmitglieder

Das 1921 gegründete Bonner Aloisiuskolleg genoss über Jahrzehnte den Ruf einer Eliteschule. Ab 2010 richteten sich jedoch Vorwürfe sexueller Übergriffe sowie der Anwendung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche aus den 1950er bis 2000er Jahren gegen Ordensmitglieder und Mitarbeiter. Orden und Schule legten 2011 und 2013 Aufklärungsberichte unabhängiger Kommissionen vor. Unter Rektor Pater Johannes Siebner wurden Reformen des Kinderschutzes eingeführt. Eine Zusammenarbeit mit dem Opferverein Eckiger Tisch Bonn begann, die jedoch seit 2017 ausgesetzt ist. Ordenssprecher Voßmeyer betonte: „Die bisherige Aufarbeitung am Bonner Aloisiuskolleg wird unverändert fortgeführt.“

Kritik äußerte der Eckige Tisch Bonn: „Die Jesuiten werden weniger, ihre vielen Opfer bleiben aber mit den Folgen und ohne gescheite Aufarbeitung allein.“ Der Betroffenenverein kritisierte, dass nach anfänglichen Aufklärungsschritten die Kollegs- und Ordensleitungen zuletzt nicht auf Dialog, sondern auf „Verlautbarungskommunikation“ gesetzt hätten. Der Verein sorgt sich nun über den Verbleib und den Umgang mit Akten und fordert eine unabhängige Untersuchung durch staatliche Stellen. „Und wir hoffen, dass der neue Schulträger den Mut hat, sich, anders als die Jesuiten, der ehrlichen Aufarbeitung anzunehmen und sich Missbrauchsbetroffenen zu einem Dialog auf Augenhöhe zu stellen.“