Von Friederike Höhn
Was tun, fragten sich viele Pfarrerinnen und Pfarrer am vergangenen Wochenende, als sich die Einsicht immer weiter verbreitete: Wir können unter diesen Umständen keinen normalen Sonntagsgottesdienst feiern. Selbst unter Einhaltung aller Regeln und Vorsichtsmaßnahmen ist das Risiko der Ansteckung und Verbreitung des Coronavirus gerade in Kirchengemeinden hoch. Die Teilnehmenden sind heterogen, jung und alt, unterwegs in vielen Bereichen. Und jene, die schon zu Hause festsitzen, sie bleiben alleine. In kürzester Zeit wurden Ideen umgesetzt, etwa Livestreams aus der leeren Kirche oder eine per Video aufgezeichnete Andacht.
Doch wie erreicht man jene, die nicht im Internet aktiv sind? Und wie lässt sich ein alternatives Format trotz räumlicher Ferne interaktiv gestalten? Pfarrer Helmuth Kautz aus Brück schnappte sich den Hörer und feierte in seiner Gemeinde Gottesdienst per Telefonkonferenz.
„Diese Form bringt uns das Gefühl, wir sind doch irgendwo zusammen“, erklärt er. Schon eine ganze Weile erprobt er das telefonische Format mit gemeinsamen Gebeten. Am vergangenen Samstag fassten er und seine Mitstreiter*innen dann den Entschluss, den Gottesdienst von Hörer zu Hörer anzubieten. Eine halbe Stunde vor Beginn wurde getestet, um 10.30 Uhr ging es gleich los. Nach dem Einwählen: Begrüßungen wie auf dem Kirchplatz. Viele kennen sich, freuen sich über die vertrauten Stimmen, großes Hallo. „Der Prediger war an einem Ort, der Klavierspieler an einem anderen und ich ebenso. Auch die Fürbitterin war bei sich zu Hause“, erzählt Pfarrer Kautz. Das merkte man nicht. Gemeinschaft war zu spüren, auch über die Ferne. Für die Gemeinde hat die Telefonkonferenz den Vorteil, vertraute Stimmen zu hören und die gewohnte Liturgie zu feiern, gemeinsam mit den Menschen, mit denen man sich unter normalen Umständen am Sonntag in der Kirche treffen würde.
Die Info zum Gottesdienst per Telefonschalte verbreitete sich über die sozialen Medien, die Homepage der Gemeinde und ganz altmodisch per Mund-zu-Mund-Propaganda. Mitmachen kann jede und jeder. „Bei unserer alten Pfarrwitwe ist vorher jemand rübergegangen und hat ihr das alles eingestellt. Dann konnte sie zuhören“, berichtet der Pfarrer.
Im Gegensatz zum Radio- oder Fernsehgottesdienst ist die Teilnahme interaktiv. Das führte beim gemeinsamen Singen mit teilweise eingeschalteten Mikrofonen zu manch schrägem Moment. Aber es war trotzdem schön zu merken, dass andere auch mitsingen und aktiv beim Gottesdienst dabei sind. „Es war berauschend“, sagt Pfarrer Kautz lachend und spielt auf die anfängliche Geräuschkulisse in der Telefonkonferenz an. Doch die Qualität wurde immer besser. Er will nun jeden Tag um 19 Uhr ein gemeinsames „Seuchengebet“ via Telefon abhalten, „in Form von Exerzitien, also mit klaren Anweisungen. Dafür ist das Telefon auch ziemlich gut geeignet.“
Gottesdienst per Telefonkonferenz: ein Modell zum Nachmachen? Die Handhabung ist denkbar einfach, findet Pfarrer Kautz: „Jeder der in der Lage ist, ein Telefon zu bedienen, kann das umsetzen.“ Kosten entstehen keine, abgesehen von den individuellen Telefongebühren. Für die kommende Woche will Pfarrer Kautz einen anderen Anbieter testen, bei dem auch die Mikrofone der Teilnehmenden ausgeschaltete werden können. Denn nebenbei wurde auch während des Gottesdienstes so manches Privatgespräch geführt. „Die Leute müssen lernen, die Klappe zu halten“, sagt Pfarrer Kautz und lacht laut.