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Die Ente und das Irdische

Günstig, braucht nicht viel Sprit und vor allem – man kann mit einer Ente nicht allzu schnell fahren. Ich glaube, das letzte war das wichtigste Argument für meinen Vater. So kam es, dass mein erster Wagen ein Citroën war, ein 2CV – eben eine Ente. Knallgrün. Ich war begeistert. Ein schnuckeliges Gefährt. Dass weder ein Radio noch eine Intervallschaltung beim Scheibenwischer zur Ausstattung gehörten, störte mich nicht. Wir wussten uns zu helfen.

Meine Beifahrerin hatte einen Kassettenrekorder auf dem Schoß und sorgte für die passende Musik. Bei Regen übernahm sie die Rolle der Intervallschaltung. War prima.

Etwas problematisch wurde es, wenn wir über die Dörfer fuhren, um die Jugendlichen zum CVJM-Jugendkreis abzuholen. Der Platz in der Ente war überschaubar. Wenn dann noch zwei mit ihrer Gitarre ankamen, war mein Autochen schnell voll. Trotzdem war ich eine beliebte „Abholerin“, denn die Ente fanden alle „voll cool“. Schon allein die Schaltung. Oder die Klappfenster. Und natürlich das zu öffnende Dach.

Apropos Jugendarbeit: Damals gab es ein geflügeltes Wort: „Man soll sich nicht so ans Irdische hängen.“ Das war bei uns in aller Munde, passte in fast allen Situationen.

Der Gedanke half mir dann tatsächlich, als ich mich von meiner geliebten Ente verabschieden musste. Sie war nämlich nicht sehr zuverlässig und irgendwann mehr in der Werkstatt als bei mir.

In diesen Tagen feiert die Ente ihren 70. Geburtstag (siehe Seite 11). Ich habe gelesen, dass die 2CV eine enorme Wertsteigerung erfahren haben. Hätte ich meinen grünen Flitzer noch – ich könnte gut Geld damit machen. Aber halt: Man soll sich nicht so ans Irdische hängen.