„Die Dohnal“ – Porträt einer Feministin und Politikerin

„Die Dohnal“ ist ein vielschichtiges Porträt der österreichischen Feministin und Politikerin Johanna Dohnal (1939-2010) – inklusive informativem Archivmaterial und Interviews mit Weggefährten und Feministinnen von heute.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Johanna Dohnal (1939-2010) gilt als erste Feministin, die Teil einer europäischen Regierung war. 1979 wurde sie Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen in die österreichische Bundesregierung berufen und erklärte: „Die Frauenfrage ist eine gesellschaftspolitische und nach meiner Auffassung keine Frauenfrage.“

In ihrer Funktion als erste Frauenministerin Österreichs von 1990 bis 1995 schob die SPÖ-Politikerin gegen alle Widerstände zahlreiche Gesetze für eine moderne Frauenpolitik an. Im Zuge der konservativen Wende Mitte der 1990er-Jahre verlor ihre Position jedoch an Rückhalt, 1995 wurde sie aus der Regierung entlassen und zog sich aus der Berufspolitik zurück.

Das vielschichtige Porträt von Sabine Derflinger über Dohnals Werdegang verbindet Archivmaterial und Interviews mit ehemaligen Wegbegleiterinnen sowie einer jüngeren Generation von Feministinnen, die ihr Nachwirken in der Gegenwart beleuchten. Ein wichtiges Stück Geschichtsschreibung über eine radikale Frau, die nichts von ihrer Vorbildfunktion verloren hat.

„Aus taktischen Gründen leisezutreten, hat sich immer noch als Fehler erwiesen“ – das ist ein charakteristischer „Dohnal-Satz“. Klar, kompromisslos, auf den Punkt gebracht. Johanna Dohnal (1939-2010), die als Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen ihre politische Karriere begann und 1990 die erste Frauenministerin Österreichs wurde, ist eine beispiellose Figur.

Eine Feministin in der Regierung hatte und hat es bisher weder in Österreich noch anderswo gegeben. Ihr nachzufolgen, dafür bedarf es zunächst einmal des Wissens um ihre Existenz. Im Schulunterricht ist jedoch von Frauenpolitik kaum etwas zu hören, und so ist Dohnal jüngeren Menschen kaum ein Begriff.

Der Film „Die Dohnal – Frauenministerin/Feministin/Visionärin“ von Sabine Derflinger von 2020 füllt diese Lücke. Er tut dies ganz im Sinne seiner Protagonistin mit dem Impetus des „consciousness raising“. Statt die Figur nur zu historisieren wird sie zum Gegenstand einer Gegenwartsdebatte.

Derflinger hat für ihren Film zum Beispiel Einzelinterviews mit Familienmitgliedern, ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitstreiterinnen und Politikern geführt – darunter mit der Witwe, ihrer Tochter und Enkelin, ihrem Chauffeur, einer Pressefrau und mit dem damaligen Kanzler Franz Vranitzky.

Es ist zu wünschen, dass „Die Dohnal“ auch hierzulande eine größere Öffentlichkeit findet. Man muss mit den Figuren des politischen Lebens Österreichs nicht bekannt sein, um seine Relevanz zu erkennen, das Thema ist universell und nach wie vor dringlich.

Dass Dohnal 1979 von Bundeskanzler Bruno Kreisky zur Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen in die Bundesregierung berufen wurde, war eine europaweite Sensation. Widerstand gab es außerparteilich und in den eigenen Reihen. Mit ihren gerade einmal 40 Jahren stand Dohnal, die schon mit 17 in die SPÖ eingetreten und seitdem auf den verschiedensten Ebenen in der Gleichberechtigungspolitik aktiv war, auch für eine Generationenablöse.

„Die Frauenfrage ist eine gesellschaftspolitische und nach meiner Auffassung keine Frauenfrage“, erklärte sie. Mit dieser Überzeugung kämpfte sie im Gegenwind konservativer Kräfte für Gesetzesänderungen, die heute selbstverständlich sind.

Anfang der 1990er Jahre wurden auf ihre Initiative Frauenrechte wie die Beseitigung der Amtsvormundschaft bei ledigen Müttern, die strafrechtliche Gleichbehandlung von Vergewaltigungen in der Ehe wie außerhalb und das gesetzliche Verbot der sexuellen Belästigung gesetzlich festgeschrieben. Dohnal ging auch an die Fundamente der geschlechtlichen Sozialisation, wenn sie progressivere Darstellungen von Frauen und Männern in Kinderbüchern forderte – zum Beispiel Männer mit Schürze am Herd – oder sich dafür starkmachte, bei jungen Frauen für vermeintliche „Männerberufe“ zu werben.

Im Zuge einer konservativen Wende Mitte der 1990er Jahre verlor ihre Position an Rückhalt. 1995 wurde sie von Vranitzky gegen ihren Widerstand als Frauenministerin aus der Regierung entlassen. Sie zog sich aus der Berufspolitik zurück.

Der Film erzählt von Dohnals frauenpolitischen Kämpfen und damit verbundenen Debatten zum großen Teil mit Bildern von TV-Sendungen. Er wirft so einen Blick auf das gesellschaftliche Klima der Zeit und schreibt nebenbei auch ein Stück österreichische Fernsehgeschichte. An den Redebeiträgen der Talkshowgäste und auch „normaler“ Menschen, die auf der Straße befragt werden, wird deutlich, in welch traditionelle Landschaft Dohnal ihre Überzeugungen hineintrug.

Traditionell war der Lebensweg der späteren Politikerin in seinen Anfangsjahren selbst. 1939 in bescheidene Verhältnisse hineingeboren und vaterlos aufgewachsen, begann sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau und heiratete früh. Die Benachteiligungen als arbeitende Mutter erfuhr sie am eigenen Leib: Nach dem zweiten Kind wurde ihr gekündigt.

Ihre lesbische Identität lebte sie erst, als ihre Ehe am Ende war; dass sie mit der Parteigenossin Annemarie Aufreiter zusammen war, verbarg sie nicht, ein offenes Bekenntnis gab sie dennoch nie ab, was ihr von feministischer Seite verschiedentlich vorgeworfen wurde. Dohnal war trotz ihrer Radikalität immer auch Pragmatikerin. „Es war schlicht in der SPÖ nicht denkbar. Punkt“, sagt dazu Aufreiter.

Dass Dohnal bei all ihrer Integrität und Glaubwürdigkeit auch immer eine Rolle spielen musste, zeigt ein tolles Foto, das die Fotografin Elfie Semotan von ihr gemacht hat. Die „private“ Person, die hier im Anzug und mit Zigarette im Mund zu sehen ist, strahlt eine Lässigkeit und Coolness aus, auch ein Sich-Wohlfühlen mit sich selbst, das in den öffentlichen Auftritten so nicht zu finden ist.