Diakonie-Präsident kritisiert kompliziertes Sozialrecht

Der scheidende Diakonie-Präsident Ulrich Lilie kritisiert eine Überbürokratisierung in Deutschland. „Was mich sehr besorgt, ist, dass es uns in Deutschland auch nach Corona immer noch so wahnsinnig schwerfällt, einfache und pragmatische Lösungen zu finden“, sagte der oberste Vertreter von bundesweit 627.000 diakonischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der „Berliner Zeitung“ (Mittwoch). Inzwischen seien die Sozialgesetzbücher genauso kompliziert wie das Steuerrecht.

„Das erinnert mich ein bisschen immer an Gulliver, der auf dem Boden liegt und dem immer wieder ein neues Band übers Bein gespannt wird“, sagte der 66-Jährige, der zum Jahreswechsel in den Ruhestand geht: „Auch wir können uns kaum noch bewegen, weil so viele unterschiedliche rechtliche und bürokratische Normen sich gegenseitig im Weg stehen, dass man nicht mehr zu einfachen Lösungen findet.“

Es gehe darum, pragmatischer, zielgenauer und schneller zu werden: „Wir müssen uns ehrlich machen, auch über das sehr komplizierte Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen.“

Deutliche Kritik äußerte Lilie an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege hätten ihm zu Beginn seiner Amtszeit gesagt, dass sie sich auf den Austausch zu den großen, wichtigen politischen Themen wie die dringend notwendige Reform der Pflege freuten. „Herr Lauterbach hat aber offensichtlich für sich beschlossen, dass er mit der Freien Wohlfahrtspflege nicht redet“, sagte Lilie.: „Ich denke, Dialog mit wichtigen Mitgestaltern ist eher die Hauptaufgabe eines Ministers, als nur zu twittern.“