DGB fordert Zugangs-Garantie zu osteuropäischen Erntehelfern

Gewerkschafter stoßen beim Einsatz für osteuropäische Erntehelfer in Rheinland-Pfalz noch immer auf zahlreiche Fälle ausbeuterischer Beschäftigung. Die DGB-Landesvorsitzende Susanne Wingertszahn forderte am Donnerstag einen garantierten Zugang zu den Saisonarbeitern für Berater. Zudem müsste ein „rotes Telefon“ zu Gewerbeaufsicht und Zoll eingerichtet werden, um Missstände schnell ahnden zu können. Noch immer würden Landwirtschaftsbetriebe Osteuropäer, zumeist Menschen aus Rumänien und Ungarn, rechtswidrig ohne Sozialversicherung anstellen, teilweise werde durch Einsatz verschiedener Tricks auch ein Teil des zugesicherten Lohns einbehalten.

Krisztina Nemeth von der in Mainz angesiedelten Beratungsstelle für Wanderarbeiter schilderte Fälle aus der Praxis, bei denen osteuropäische Beschäftigte nach einem Arbeitsunfall keine angemessene medizinische Versorgung erhielten. Ein rheinland-pfälzischer Betrieb habe versucht, eine Rumänin nach einer Schulterfraktur einfach mit dem nächstbesten Bus in ihr Heimatland zurückzuschicken. Den Arbeiterinnen und Arbeitern werde vorgeworfen, sie hätten Unfälle selbst mutwillig verschuldet, um nicht arbeiten zu müssen. Teilweise würden den Betroffenen Arztbesuche verwehrt.

Nach Schätzungen des DGB stammen aktuell fast alle der landesweit schätzungsweise 40.000 landwirtschaftlichen Saisonarbeitskräfte aus Ost- und Südosteuropa. Viele kleine Landwirtschaftsbetriebe würden sich sehr um ihre Beschäftigten kümmern, damit sie im nächsten Jahr wiederkommen, weil auch sie mittlerweile von einem Mangel an Arbeitskräften betroffen seien. Im Gegensatz dazu gebe es Großbetriebe, die über professionelle Mittelsleute jährlich Hunderte von Menschen für die Erntezeit anwerben – manchmal die Bevölkerung ganzer Dörfer. Oft würden diese Saisonarbeiter isoliert von der übrigen Bevölkerung untergebracht, manche müssten bei der Einstellung schriftlich garantieren, dass sie mit niemandem über die Arbeit sprechen.

In den vergangenen Jahren habe sich für die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Feldern nur wenig geändert, berichtete Nemeth. Positiv sei, dass zunehmend wenigstens zweisprachige Arbeitsverträge geschlossen würden. Der Mindestlohn werde hingegen bei Erntehelfern oft durch Akkordarbeit umgangen. Zudem würden Agrarunternehmen vermehrt Gruppenkrankenversicherungen mit stark eingeschränktem Leistungsspektrum für ihre Beschäftigten abschließen.

„Für viele ist das die einzige Einnahmequelle im Jahr“, sagte Nemeth. Daher würden die Betroffenen auch schlechte Arbeitsbedingungen meist klaglos hinnehmen und hätten Angst, sich zu beschweren. Dass es Landwirte gebe, die vernünftige Lebens- und Arbeitsbedingungen bieten, bekämen viele Osteuropäer gar nicht mit. Versuche, die Menschen auf den Feldern oder in der Pause über ihre Rechte zu informieren, würden von den Vorarbeitern teils rabiat unterbunden. Dabei sei es auch schon zu Handgreiflichkeiten gekommen, berichtete die Beraterin.