Pflegerat feiert Jubiläum – „uns fehlt die politische Durchschlagskraft“

Seit 25 Jahren kämpft der Deutsche Pflegerat für eine Aufwertung des Pflegeberufs. Doch von der Politik fühlen sich die Pflegenden missachtet.

Der Deutsche Pflegerat feiert 25. Geburtstag
Der Deutsche Pflegerat feiert 25. GeburtstagImago / Westend 61

Sie stellt mit weit über einer Million Beschäftigten die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Und doch fühlt sich die Pflege in Deutschland an den Rand gedrängt und kleingehalten, weil zentrale Entscheidungen in Politik und Gesundheitswesen weiter über ihren Kopf hinweg getroffen werden. Der Pflege in Deutschland fehlt eine starke Stimme.

Am heutigen Freitag feiert der Deutsche Pflegerat seinen 25. Geburtstag – ein Zusammenschluss aus mittlerweile 16 Verbänden aus Wissenschaft und Praxis. Dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach persönlich an der Feier teilnehmen wird, empfindet Pflegeratspräsidentin Christine Vogler als Zeichen der Wertschätzung. Doch das reicht bei weitem nicht aus. Die Kompetenz der Pflege in Krankenhäusern, Alteneinrichtungen und häuslicher Pflege werde immer noch nicht wahrgenommen. „Uns fehlt die politische Durchschlagskraft“ sagt Vogler.

Seit Jahren wird gekämpft

Gegründet wurde der Pflegerat 1998, um endlich eine berufsständische Vertretung für den Pflegeberuf aufzubauen. Seit Jahren kämpft der Zusammenschluss deshalb für die Gründung einer Bundespflegekammer und Landespflegekammern – ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Die Folge: Noch immer gibt es in Deutschland keine aussagekräftige Pflegekräfte-Statistik, keine einheitlichen Berufs-, Prüfungs- und Weiterbildungsordnungen.

Die Pflege müsse ihre Belange endlich selbst organisieren und den Beruf weiterentwickeln können, fordert Vogler, die ihr Geld als Geschäftsführerin des Berliner Campus für Gesundheitsberufe verdient. Sie verweist auf die Ärztekammern oder die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die mit riesigen Apparaten, viel Geld und Expertise Gesundheitspolitik in ihrem Sinn beeinflussten und die Belange der eigenen Berufsgruppen regelten. „Da zeigt sich, wie die Macht im Gesundheitswesen verteilt ist.“

Christine Vogler ist Präsidentin des Deutschen Pflegerats
Christine Vogler ist Präsidentin des Deutschen PflegeratsImago / Jürgen Heinrich

Der Pflegerat dagegen arbeitet größtenteils ehrenamtlich. Er habe erstmals für die Jahre 2022 bis 2025 rund 900.000 Euro an Bundesmitteln zur Verfügung gestellt bekommen und könne gerade mal fünf Referentinnen beschäftigen. „Das ist lächerlich“, sagt Vogler. Doch sie will nicht aufgeben. Denn immerhin hat neben Rheinland-Pfalz auch in NRW eine Pflegekammer ihre Arbeit aufgenommen. Auch in Baden-Württemberg sollen die Aufbauarbeiten dazu bald beginnen. Zudem hat eine Bundespflegekammer in Berlin ihre Arbeit aufgenommen – als Impulsgeber auf Bundesebene, der zunehmend in Gesetzgebungsprozesse einbezogen wird.

Vogler ist zudem überzeugt, dass die Interessen der Pflegekräfte in den vergangenen Jahren durchaus stärker gehört werden – die Bedeutung der Pflege kann angesichts von Corona und den absehbaren Bedürfnissen der alternden Gesellschaft nicht mehr einfach übersehen werden.

Ampel in der Kritik

Dass in Heimen und Kliniken Personalnot herrscht; dass die alternde Gesellschaft neue Konzepte für menschenwürdige Pflege braucht, ist weithin unbestritten. In mehreren Pflegereformen haben die letzten Bundesregierungen nicht nur die Leistungen der Pflegeversicherung ausgeweitet, sondern auch die Ausbildung reformiert, den Mindestlohn erhöht, Personalbemessungsinstrumente auf den Weg gebracht und durchgesetzt, dass Arbeitgeber bundesweit Tariflöhne zahlen müssen.

Dennoch sieht Vogler die Pflegepolitik der Ampelkoalition kritisch. Sie habe grundlegende Reformen versprochen, bleibe aber bei Flickwerk und kleinen Verbesserungen stehen. Es drohe der Zusammenbruch der Versorgungsstrukturen in Deutschland. „Die Politik macht trotz Pflegekrise einfach weiter wie bisher.“

„Mehr als Patienten waschen“

Wütend macht die Pflegeratspräsidentin auch, dass die Gesellschaft die Profession Pflege dauernd unterschätze. „Pflege ist mehr als ein bisschen Patienten waschen“, sagt sie. Dabei könne Pflege viel mehr: zur Selbstständigkeit und Lebensqualität der Menschen beitragen, die Ärzte bei Diagnostik und Therapie unterstützen, Prävention stärken.

Vogler verlangt von der Politik „eine wirklich neue Vision eines Gesundheits- und Pflegewesens“, bei der Patienten und Pflegebedürftige im Mittelpunkt stehen, moderne und gute Arbeitsbedingungen herrschen und eine gleichberechtigte Pflegeprofession selbstständig Patienten und Pflegebedürftige versorgt.