Der neue Lüneburger Kirchenmusikdirektor setzt auf Vielfalt

Der Bach-Kenner und Musikwissenschaftler Ulf Wellner ist neuer Kirchenmusikdirektor im Sprengel Lüneburg. Sein erstes Konzert ist das Weihnachtsoratorium.

Einen „Klassiker, der immer wieder Spaß macht“, nennt Ulf Wellner das Weihnachtsoratorium.
Einen „Klassiker, der immer wieder Spaß macht“, nennt Ulf Wellner das Weihnachtsoratorium.Heiko Preller

Seine ersten musikalischen Erfahrungen in der Lüneburger Johanniskirche hat Ulf Wellner bereits vor 25 Jahren gemacht: Damals war er Aushilfssänger bei einem Konzert. Nun ist er dort der neue Kantor und gleich auch noch Kirchenmusikdirektor im Sprengel Lüneburg.

„Das hätte ich mir damals nicht träumen lassen“, sagt Wellner, der bisher Martinikantor in Minden gewesen ist. In Lüneburg folgt er auf Joachim Vogelsänger, der die Stelle mehr als 20 Jahre lang bekleidete.

Dozent für Musikgeschichte an der Hochschule für Kirchenmusik in Herford

Ulf Wellner beginnt an einer geschichtsträchtigen Stätte. Die Johanniskirche ist nicht nur für ihre aus der Renaissance stammende Orgel bekannt. Auch der Barockkomponist Georg Böhm war einer der Vorgänger Wellners. Johann Sebastian Bach erhielt von diesem während seiner Zeit in Lüneburg wichtige musikalische Eindrücke.

„Ich habe einen Riesenrespekt vor der Tradition“, sagt Ulf Wellner, der seit 2015 auch Dozent für Musikgeschichte an der Hochschule für Kirchenmusik in Herford ist. Sein Schwerpunkt ist Norddeutscher Barock. Mit einer Arbeit über den Barockkomponisten Michael Praetorius hat er promoviert, daneben forscht er zu Christian Flor, der als Vorgänger von Böhm ebenfalls an St. Johannis tätig war.

Ulf Wellner ist Bach-Fan

Ganz besonders hat es ihm aber Johann Sebastian Bach angetan. „Ich bin seit meiner Kindheit Bach-Fan“, erzählt Wellner. Schon zu Grundschulzeiten habe er für die Musik geschwärmt. „Das hat mich emotional umgehauen“ – und später kam dann noch das Verständnis für die „geniale rationale Kon­struktion“ der Musik hinzu.

Wellner ist mit Kirchenmusik aufgewachsen. Sein Vater war im Nebenberuf Kirchenmusiker, hat Chöre geleitet und jeden Sonntag Orgel gespielt. „Das war meine Kinderstube“, erinnert sich Wellner. Später war er im Knabenchor Hannover engagiert und hatte schon während der Schulzeit eine Organistenstelle.

Musik als Art von Verkündigung

Musik, das ist für Wellner „ein unverzichtbarer Teil meines Lebens, meiner Identität“, beschreibt er. „Aber auch für die Kirche war Musik von Anfang an ein essenzieller Bestandteil“, sagt Wellner, der nicht nur Bach- , sondern auch Jazz-Fan ist. „Das ist kein schmückendes Beiwerk, sondern unverzichtbar und eine Art von Verkündigung.“

Das Kirchenmusikstudium in Leipzig war da für ihn nur folgerichtig. Nach Stationen in Leipzig und Lübeck folgte 2013 der Wechsel nach Minden. „Das war eine Superzeit“, sagt er. „Aber nach zehn Jahren ist es ein guter Zeitpunkt, etwas Neues anzufangen.“ Eine Stelle wie in Lüneburg gebe es nur selten. Das besondere Profil, eine Kantorei mit einem großen Repertoire, vielen Möglichkeiten und der besonderen Orgel gebe es nur selten. Zudem ziehe ihn die mittelalterliche Architektur der Stadt an.

Start mit Aufführung des Weihnachtsoratoriums am 16. Dezember

Sein erstes Konzert steht im Zeichen Bachs: Er leitet am 16. Dezember die Aufführung des Weihnachtsoratoriums. „Ein Klassiker, den man nicht leid wird und der immer wieder Spaß macht“, sagt Wellner.

Doch bei Bach und Barock soll es künftig nicht bleiben. Alle Musik­epochen sollen im Programm vertreten sein. Wellner freut sich, dass es in Lüneburg ein Publikum gibt, das sich auch für selten zu hörende, weniger populäre Stücke interessiert. So soll im nächsten Jahr das Oratorium Golgatha von Frank Martin erklingen. Der 200. Geburtstag Anton Bruckners wird ebenso gewürdigt wie die Wiener Klassik.

Neben der Musik gibt es noch eine große Aufgabe für Wellner: Die große Orgel muss restauriert werden. In zwei Jahren beginnen die Arbeiten. Zur Wiedereinweihung in vier Jahren, plant Wellner schon jetzt, wird es ein Festival geben mit allen Gruppen, die in der Lüneburger Johanniskirche Musik machen.

Am Samstag, 16. Dezember, um 17 und 20 Uhr führt Wellner das Weihnachtsoratorium I-III in St. Johannis Lüneburg auf. Karten gibt es unter www.st-johanniskirche.de