Erweitertes Impfprogramm: Wertvoller Schutz vor Krankheiten

Bis heute ist Impfen nicht selbstverständlich. Afrika verhindern bewaffnete Konflikte nötige Massenimpfungen etwa gegen Polio. Kritik kommt auch von evangelikalen und islamischen Predigern.

Impfschutz in Ländern Afrikas ist keine Selbstverständlichlkeit
Impfschutz in Ländern Afrikas ist keine SelbstverständlichlkeitImago / photothek

R21/Matrix-M gilt als Meilenstein. Den Impfstoff zur Vorbeugung von Malaria bei Kindern hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vergangenes Jahr empfohlen. Nun setzen das Kinderhilfswerk Unicef wie auch afrikanische Staaten große Hoffnungen darauf. In Afrika ist die Krankheit, die weibliche Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen, hauptsächlich verbreitet. Etwa 95 Prozent der Malaria-bedingten Todesfälle entfielen 2022 auf den afrikanischen Kontinent. Laut Unicef stirbt fast minütlich ein Kind unter fünf Jahren an der Krankheit.

WHO wirbt für Impfschutz

In diesem Jahr wird die Einführung des erweiterten Impfprogramms (EPI) vor 50 Jahren gefeiert. Es soll alle Kinder weltweit vor sechs vermeidbaren Kinderkrankheiten schützen, darunter Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten. Man schätzt, dass das Impfprogramm in den vergangenen Jahrzehnten Millionen Menschenleben gerettet hat. Vier von fünf Kindern sind heute weltweit vollständig durchgeimpft.

Trotzdem ist Impfschutz bis heute nicht überall selbstverständlich. Ab den 1950er Jahren wurde der Impfstoff gegen Poliomyelitis, der sogenannten Kinderlähmung, entwickelt. In Deutschland prägte sich der Slogan “Schluckimpfung ist süß – Kinderlähmung ist grausam” ein. Laut Unicef sind die Fälle der Infektionskrankheit, die zu schweren Lähmungen vor allem der Extremitäten führen kann, um 99 Prozent zurückgegangen; ganz Europa wurde im Jahr 2002 für poliofrei erklärt. In Afghanistan und Pakistan tritt die Krankheit aber bis heute auf. Die globale Initiative zur Ausrottung von Kinderlähmung spricht von sechs Neuerkrankungen seit 2023. Auch Nigeria gilt erst seit 2020 als poliofrei.

Impfungen in entlegenen Gebieten in Afrika sind eine Herausforderung
Impfungen in entlegenen Gebieten in Afrika sind eine HerausforderungImago / Pond5 Images

Einerseits sind Impfkampagnen in entlegenen Gebieten wegen fehlender Infrastruktur eine Herausforderung. In vielen Ländern fehlt es an Melderegistern. Mitarbeiter der Gesundheitsdienste gehen deshalb von Haus zu Haus, um zu ermitteln, ob es Neugeborene gibt, die geimpft werden müssen.

Konflikte verhindern Gesundheitsversorgung in Afrika

Laut WHO lassen auch Rezessionen und zunehmende Konflikte das Impfen stagnieren. Im Sahel beispielsweise kontrollieren islamistische Terrorgruppen ganze Dörfer. Vergangenes Jahr waren allein in Burkina Faso 345 Gesundheitszentren aufgrund der Gewalt geschlossen worden. Hilfsorganisationen zufolge ist die Gesundheitsversorgung zu einem enormen Problem geworden.

Es gibt auch gezielte Angriffe bei Massenimpfungen. 2012 wurden in Pakistan fünf Frauen ermordet, als sie Kinder in Karachi gegen Polio impften. 2021 starb nach Informationen des Senders “Al Jazeera” ein Polizist, der ein Impfteam schützen sollte. Zwischen 2012 und 2021 wurden 102 Personen bei Massenimpfungen ermordet. In Nigeria brachten 2013 mutmaßlich Anhänger der Terrorgruppe Boko Haram (“Westliche Bildung ist Sünde”) in der Stadt Kano neun Personen während einer Impfkampagne um.

Viel Misstrauen auch von offizieller Seite

So stoppten im Jahr 2003 in drei Bundesstaaten im Norden Nigerias – Kaduna, Kano und Zamfara – die jeweiligen Gouverneure Polioimpfungen zeitweise. Zuvor hatten einige muslimische Prediger behauptet, dass der Impfstoff verseucht sei. Im islamisch geprägten Norden gab es immer wieder Gerüchte, dass mit Impfungen Aids übertragen und Menschen sterilisiert würden.

Gerüchte über Impfungen verbreiten aber auch evangelikale Prediger. Mitte April veröffentlichte der britische Sender BBC die Ergebnisse einer mehrmonatigen Recherche. Ihren Erkenntnissen zufolge hat der Gründer der evangelikalen “Mega Church Christ Embassy”, Chris Oyakhilome, ab 2023 in Online-Predigten die neue Malaria-Impfung kritisiert. Er behauptete, sie sei geschaffen worden, um die Welt zu entvölkern. Dennoch: Nigeria hat nach Ghana als zweites Land zugestimmt, den Impfstoff künftig einzusetzen.