Der Kämpfer für die Komische Kunst ist tot

Der Mitgründer der Caricatura-Galerie Kassel sowie Gründer und ehemalige Leiter des Frankfurter Caricatura-Museums, Achim Frenz, ist tot. Er starb in der Nacht zum Montag im Alter von 66 Jahren, wie das Caricatura-Museum Frankfurt und die Caricatura-Galerie Kassel mitteilten. Erst im vergangenen Oktober war der unermüdliche Förderer der Komischen Kunst als Museumsleiter in den Ruhestand verabschiedet worden.

„Ich bin sehr, sehr traurig“, sagte sein Freund, der Frankfurter Satiriker, Autor und Mitgründer der Zeitschrift Titanic, Pit Knorr. Martin Sonntag, Leiter des Museums und Nachfolger von Frenz, erklärte: „Der Tod von Achim Frenz hat uns alle unvorbereitet getroffen und tief erschüttert. Er war nicht nur Vordenker und Wegbereiter für die Komische Kunst, sondern auch Mentor und Freund.“ „Der überraschende Tod von Achim Frenz ist das Ende einer Ära, seine Errungenschaften für die Komische Kunst sind beispiellos“, sagte die Leiterin der Caricatura-Galerie Kassel, Saskia Wagner.

Eine Ära, weil Frenz sein Leben lang komische Kunst gemacht, gefördert und ihr ein Podium verschafft hat. „Die Komik ist der Kosmos, der die Welt kritisch betrachtet“, hat Frenz reflektiert. Fasziniert hatte den Lockenkopf mit barocker Gestalt diese Komik von jung auf. „Die Künstler der Neuen Frankfurter Schule haben mein Leben verändert“, gestand er. Deren Zeichnungen seien „nicht platt erzählt, der Witz dreht sich im Kopf noch zweimal weiter“. Er meinte Multitalente wie F. K. Waechter, Robert Gernhardt, F. W. Bernstein und Hans Traxler.

„Achim Frenz ist eine absolute Säule der Komischen Kunst“, sagte der bekannte österreichische Maler und Satiriker Gerhard Haderer zu dessen Abschied vom Museum. „Frenz hat sein großes Talent als Zeichner weggeworfen, um ein Museum für Komische Kunst zu gründen, und er hat das bedeutendste im deutschsprachigen Raum geschaffen.“ Frenz‘ Lebenswerk sei „das schönste Museum der Welt“, unterstreicht Haderer.

Achim Frenz studierte Kunst und Politik an der Gesamthochschule Kassel. 1987 organisierte er mit den Freunden der „Künstlergruppe Visuelle Opposition“ die erste Karikaturen-Ausstellung „Caricatura I. 70 x die volle Wahrheit“. Nach deren Erfolg initiierten die jungen Satiriker den „Kulturbahnhof Kassel“. Seit dessen Gründung 1995 zeigt dort die „Caricatura – Galerie für Komische Kunst“ Ausstellungen.

Im Jahr 2000 erhielt Frenz von der Stadt Frankfurt den Auftrag, ein Karikaturen-Museum vorzubereiten und eine Sammlung der Neuen Frankfurter Schule aufzubauen. 2008 stellte die Stadt das Leinwandhaus als Museum für Komische Kunst zur Verfügung. „Mit mehr als 8.000 Originalen der Neuen Frankfurter Schule und rund 6.500 Zeichnungen weiterer Karikaturisten weist das Museum heute den mutmaßlich höchsten Humorgehalt der Museumslandschaft auf“, sagte Leiter Frenz vor seinem Abschied stolz.

Doch Humor kann auch gefährlich werden. Nach dem Massaker an der Redaktion der Pariser Satirezeitschrift Charlie Hebdo 2015 durch zwei Islamisten gingen zahlreiche Drohbriefe im Museum ein. Die Caricatura stand zeitweilig unter Polizeischutz. „Die Komische Kunst verteidigt die Meinungsfreiheit, sie stabilisiert die Demokratie“, betonte Frenz. „Wir Ausstellungsmacher sind da, um die Satire, um die Freiheit hochzuhalten.“ Heute werde die sie auch angegriffen durch Behauptungen, Karikaturen seien frauenfeindlich, islamfeindlich, rassistisch oder chinesenfeindlich, sagte Frenz.

Auch im Institutionengeflecht der Stadt Frankfurt kämpfte Frenz. Das Kulturamt gewährte schließlich 2019 der Caricatura die Selbstständigkeit vom Historischen Museum. „Der erste Schritt der Eigenständigkeit des Museums für Komische Kunst ist mein größter Erfolg“, befand der Leiter.

„Achim Frenz ist der geborene Museumsdirektor“, fand der Grandseigneur und Mitgründer der Neuen Frankfurter Schule, Hans Traxler, im vergangenen Oktober. „Ich stelle mir vor, dass er auch ein Naturkundemuseum hätte leiten können, wo er nachts den Saal durchstreift, vor dem mächtigen Nashorn stehenbleibt und ihm über die Nüstern streicht, jenem Tier, das unaufhaltsam durch die Steppe stürmt, so wie er, Achim Frenz, sich im Dschungel des Kunstbetriebs und der Bürokratie durchsetzte.“

Im Ruhestand wollte sich Frenz nach eigenen Worten für die Gründung der Stiftung für die Satirepartei „Die Partei“ einsetzen. Gerade begonnen hatte er eine weitere Dokumentation über die Arbeit des Caricatura-Museums. Diese Arbeit muss nun ein anderer übernehmen.